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# taz.de -- Parlamentswahl in Aserbaidschan: Ein Diktator lässt frei wählen
> Zur Wahl in Baku verzichtete sogar die OSZE auf Beobachter. Am Sieg der
> Despotenpartei von Alijew gab es nie einen Zweifel.
Bild: Diese Anhängerinnen der oppositionellen Musawat-Partei haben die Wahl in…
Moskau taz | Mit Überraschungen hatte niemand gerechnet. Bei den
Parlamentswahlen in der südkaukasischen Republik Aserbaidschan fuhr die
Regierungspartei „Neues Aserbaidschan“ mit mindestens 70 von 125 Mandaten
einen sicheren Sieg ein. Auch die übrigen Sitze dürften noch an Vertreter
fallen, die dem Staatspräsidenten Ilham Alijew wohl gesonnen sind. 96
Prozent der Wähler schickten auch Ehefrau Mehriban Alijewa wieder mit
Mandat zurück ins Parlament. Die Wahlbeteiligung fiel mit 56 Prozent jedoch
niedrig aus.
Die Oppositionsparteien erklärten erst kurz vor dem Wahlgang, dass sie
nicht teilnehmen werden. So zog sich die älteste Oppositionspartei Musawat
zurück, weil nur ein Drittel ihrer Kandidaten zugelassen worden waren.
Gruppierungen wie die Volksfront und der Nationalrat der demokratischen
Kräfte begründeten den Verzicht mit mangelndem Vertrauen in „freie und
faire Wahlen“.
Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
verzichtete zum ersten Mal auf Wahlbeobachter. Sie plante, 30 Langzeit- und
350 kurzfristige Beobachter in Baku zu stationieren, konnte sich damit aber
nicht durchsetzen. Baku wollte nur sechs respektive 125 zulassen. Nach der
OSZE sagte auch das Europaparlament die Mission ab. Die Absage untergräbt
nun auch dieses Minimum an Legitimität.
Alijew sprach daher schon im Vorfeld von einer „politischen Provokation
aggressiver Kreise“. Wenn der 53jährige das Volk vor fremden
Außeneinflüssen warnt, stimmt er dieselbe Tonlage an wie der russische
Nachbar im Norden. Der beeilte sich denn auch, die Wahlen in Baku als
„transparent und fair“ zu klassifizieren.
## Baku hat an Bedeutung verloren
Mindestens 80 Menschen sitzen zurzeit aus politischen Gründen im Gefängnis.
Leila und Arif Yunus zählen darunter zu den bekanntesten Dissidenten. Erst
im September war die Journalistin Chadija Ismailowa zu einer Haftstrafe von
siebeneinhalb Jahren verurteilt worden. Sie legte immer wieder
Korruptionsfälle der herrschenden Clique offen. Auch Tofiq Yaqublu,
Vizechef der Partei Musawat, wurde 2014 zu fünf Jahren Gefängnis
verurteilt. Sieben Jahre erhielt der Vorsitzende der Bewegung REAL Ilgar
Mammodow. Beide sollen „Massenunruhen“ organisiert haben.
Nach Kritik des Europa-Parlaments an der Menschenrechtspolitik zog Baku die
Delegation aus der Parlamentarischen Versammlung ab und drohte mit
Gegenmaßnahmen. Das reiche Aserbaidschan hält sich im Kreis der Östlichen
Partnerschaft nicht angemessen untergebracht. Ratschläge aus Brüssel
brauche es keine, meint Baku. Ihm stünde als Rohstofflieferant an einer
geopolitischen Nahtstelle mehr zu - eine strategische Partnerschaft mit der
EU.
Alles Pfunde, mit denen sich jedoch zurzeit nicht mehr wuchern lässt. Der
Atomvertrag mit Iran ist längst unter Dach und Fach, der Ölpreis ist lange
im Keller und auch Afghanistan hat an Bedeutung eingebüßt.
2 Nov 2015
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Aserbaidschan
Baku
Öl
Ilham Alijew
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