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# taz.de -- Aussöhnung zwischen Türkei und Armenien: Abkommen unterzeichnet
> Die Türkei und Armenien haben ihre Annäherung nach jahrzehntelangem
> Konflikt in einem Dokument besiegelt. Die Außenminister beider Staaten
> unterzeichneten am Samstag in Zürich ein Abkommen.
Bild: Die Außenminister Edouard Nalbandian (links, Armenien) und Ahmet Davutog…
ZÜRICH ap | Die Türkei und Armenien haben ihre diplomatische Annäherung
nach jahrzehntelangem Konflikt in einem historischen Dokument besiegelt.
Die Außenminister beider Staaten unterzeichneten am Samstag in Zürich ein
Abkommen, das unter anderem die Öffnung der gemeinsamen Grenze vorsieht.
Wegen einer Uneinigkeit über die Wortwahl in ihren Schlusserklärungen
drohte die Unterzeichnung noch in letzter Minute zu scheitern.
US-Außenministerin Hillary Clinton, die wie ihre Kollegen aus Russland,
Frankreich und der EU zu der Unterzeichnungszeremonie in die Schweiz
gereist waren, gelang es aber, den Streit zu schlichten. Das von der
Schweiz vermittelte Dokument ruft zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen
und zur Öffnung der seit 16 Jahren geschlossenen Grenzen binnen zwei
Monaten auf. Außerdem wird die Grundlage für weitere Gespräche gelegt.
Die Wurzeln des Konflikts werden dagegen lediglich angedeutet: In der
Endphase des Ersten Weltkriegs wurden zahllose Armenier im damaligen
Osmanischen Reich vertrieben und getötet, und die Bewertung der damaligen
Ereignisse war immer wieder Anlass für diplomatische Spannungen. Nach
armenischer Darstellung verloren 1,5 Millionen Menschen ihr Leben im ersten
Völkermord des 20. Jahrhunderts, die Türkei spricht von Kriegswirren und
geht von weniger Toten aus. Streitpunkt ist außerdem die Zukunft der
hauptsächlich von Armeniern bewohnten Region Berg-Karabach in
Aserbaidschan.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte die Unterzeichnung in Zürich eine
"historische Entscheidung", wie seine Sprecherin Michele Montas in New York
erklärte. Der armenische Präsident Serge Sarkisian sprach von einer
"verantwortungsbewussten Entscheidung", die Beziehungen zur Türkei trotz
des Genozids zu normalisieren. Bei Nationalisten in beiden Staaten stieß
das Abkommen dagegen auf Ablehnung.
Tausende bei Protesten in Eriwan
Yilmaz Ates von der oppositionellen türkischen Volkspartei kritisierte
Zugeständnisse an die Regierung in Eriwan. Sollte der Nachbarstaat an einer
Verbesserungen der Beziehungen interessiert sein, müsse er "die Besatzung
von Berg-Karabach beenden". In der armenischen Hauptstadt hatten bereits am
Freitag rund 10.000 Menschen gegen die geplante Unterzeichnung protestiert.
Einige Demonstranten trugen Plakate mit Slogans wie "Keine Zugeständnisse
an die Türkei" und "Kein Handel über den Genozid". Nach der Unterzeichnung
werde gegen die Ratifizierung und Umsetzung der Vereinbarung mit Ankara
gekämpft, sagte der Oppositionspolitiker und Organisator der Proteste Kiro
Manoian.
Kritik auch aus Aserbeidschan
Aserbaidschan hat das Abkommen zwischen der Türkei und Armenien zur
Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten kritisiert. Die
Annäherung zwischen Ankara und Eriwan vor einem Abzug armenischer Truppen
aus besetzten aserbaidschanischen Gebieten stehe im Widerspruch zu den
Interessen Aserbaidschans, hieß es am Sonntag in einer Erklärung des
Außenministeriums in Baku. Das werfe einen Schatten auf die Beziehungen
zwischen Aserbaidschan und der Türkei. Zudem könne die einseitige Öffnung
der türkisch-armenischen Grenze eine Gefahr für Frieden und Sicherheit in
der Region darstellen.
Armenien und Aserbaidschan streiten um die Kaukasus-Enklave Berg-Karabach,
die überwiegend von Armeniern bewohnt wird. 1993 schloss die Türkei, ein
Partner Aserbaidschans, deshalb die Grenze zu Armenien. Seit 1994 steht die
umstrittene Enklave auf aserbaidschanischem Gebiet unter armenischer
Kontrolle.
In dem Abkommen heißt es unter anderem, ein Gremium solle Unterlagen über
die geschichtlichen Ereignisse prüfen, aktuelle Probleme definieren und
diesbezüglich Empfehlungen ausarbeiten. Diese Klausel gilt als Zugeständnis
an die Türkei: Nach armenischer Auffassung haben internationale Historiker
einen Völkermord im Ersten Weltkrieg bestätigt. Die Türkei betrachtet die
damaligen Ereignisse dagegen als Unruhen vor dem Hintergrund der Auflösung
des Osmanischen Reichs und nennt die Opferzahl übertrieben.
11 Oct 2009
## TAGS
Aserbaidschan
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