Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- FDP-Politikerin über Zukunft der Partei: „Das könnt ihr selbst …
> Seit ihrem Rauswurf aus dem Bundestag stellen sich die Liberalen neu auf.
> Dazu gehört, Frauen für die Gremien zu gewinnen, sagt
> FDP-Generalsekretärin Nicola Beer.
Bild: „Wir würden keine Koalitionsaussage machen, bei uns gibt es Freie Demo…
taz: Frau Beer, Spitzenpolitikerinnen der Bundes-FDP haben gerade in Berlin
zum „Ladies only!“-Abend eingeladen. Ist das Teil der neuen
Weiblichkeitsoffensive Ihrer Partei?
Nicola Beer: Bei uns gab es auch früher schon die Tradition des Ladies
Lunch. Dennoch: in der Vergangenheit haben wir es oft versäumt, zu zeigen,
wie viele engagierte Frauen es bei uns Liberalen gibt. Und dazu gehören
auch Netzwerke von Frauen für Frauen.
Es ist unverkennbar, dass die FDP nach ihrem Rauswurf aus dem Bundestag
weiblicher geworden ist. Wie kommt das? Sind die Jungs alle in die freie
Wirtschaft abgerauscht?
Nach der Bundestagswahl 2013 ist bei uns das Verständnis dafür gewachsen,
Frauen stärker anzusprechen. Frauen wollen ihre Zeit effektiv einsetzen,
sie sind auch heute noch häufig mehrfach gefordert in Beruf und Familie.
Gerade in der Politik aber ist eine vernünftige Relation zwischen Input und
Output nicht immer gegeben. Frauen wollen ihre Zeit effektiv einsetzen.
Denen sage ich, das könnt ihr selbst gestalten, wenn ihr vorne mit dabei
seid. Das scheint zu wirken. Auch die Debattenkultur hat sich geändert.
Wie sieht es denn aktuell mit einer Quote aus? Die FDP hat sie stets strikt
abgewehrt.
Die Quote ist bei uns immer mal wieder diskutiert worden. Aber immer mit
ganz großer Mehrheit abgelehnt worden.
Diese Mehrheit besteht ja auch aus Männern.
Wenn Sie eine Quote einführen, ruhen sich alle darauf aus: Dann müssen wir
uns um Inhalte ja keine Mühe mehr machen. Ich möchte die Partei aber von
Grund auf verändern in ihrer Diskussions- und Arbeitskultur. Das schaffe
ich nicht, indem ich vorn ein paar mehr Frauen habe.
Quoten bedeuten Chancen. Sie bedeuten: Vorne ist ein Platz für dich.
Ja, aber dieses Gefühl will ich Frauen ohne eine Festlegung geben. Wir
suchen nach Frauen, die wollen. Es ist nicht so, dass wir sie scharenweise
beiseitegeschoben hätten.
Derzeit nimmt ja die FDP gezwungenermaßen eine parlamentarische Auszeit.
Angenommen, es gäbe wegen der ungelösten Flüchtlingsfrage plötzlich
Neuwahlen – was würde die FDP ihren Wählern versprechen?
Ich halte es für einen Fehler, dass momentan nicht mehr unterschieden wird
zwischen Asylberechtigten, Bürgerkriegsflüchtlingen und klassischen
Zuwanderern. Wir als FDP würden Bürgerkriegsflüchtlinge nicht durch das
aufwendige Asylverfahren leiten. Dadurch entstünde sofort eine Entlastung
für die tatsächlich politisch Verfolgten. Und wir würden endlich ein
Einwanderungsgesetz auf den Weg bringen.
Wollen Sie Asylansprüche in Duldungen umwandeln?
Um Gottes willen, nein. Asyl ist Asyl, und da gibt es auch keine
Obergrenze. Aber Bürgerkriegsflüchtling ist nicht gleich Asylbewerber. Wir
meinen, das ist eine eigenständige Gruppe, der man nach einer
Sicherheitsüberprüfung sehr schnell befristete Aufenthaltstitel geben kann.
Damit würden wir schnell eine Grundlage zur Integration anbieten. Aber wir
würden damit auch ausdrücken, dass eine Rückkehr in die Heimat angestrebt
wird.
Wollen Sie dafür das Grundgesetz ändern?
Nein. Politische, religiöse Verfolgung ist eine individuelle Verfolgung.
Wenn aber mein Dorf zerstört ist und dort Krieg ist, wenn ich also flüchte,
ohne Partei zu sein, dann bin ich ein Bürgerkriegsflüchtling und werde
nicht von einer der Seiten persönlich verfolgt.
Und was, wenn das ganze Land ein Kriegsgebiet ist?
Viele der Bürgerkriegsflüchtlinge sind keine politisch oder religiös
Verfolgten. Da muss man unterscheiden. Wenn die Kriegssituation beendet
ist, kehrt der Flüchtling nach Hause zurück. Es sei denn, er erfüllt
Kriterien des Einwanderungsgesetzes und geht dann diesen Weg, um dauerhaft
bei uns zu bleiben. Dann begrüßen wir ihn sehr gerne als Teil unseres
Arbeitsmarktes.
Dieses Einwanderungsgesetz – was sollte das regeln?
Wir stellen uns ein Punktesystem vor, wie in den USA, Neuseeland oder
Australien. Diese Länder steuern Zuwanderung, indem sie
Qualifikationsanforderungen festlegen und indem entsprechend der
demografischen Entwicklung und dem Bedarf am Arbeitsmarkt Quoten festgelegt
werden. Solch ein Gesetz soll ja regeln, dass es eine Zuwanderung in den
Arbeitsmarkt gibt und eben nicht in die Sozialsysteme.
Zuwanderung ja, Flüchtlinge lieber nicht – wäre damit die Haltung der FDP
umrissen?
Nein, auf keinen Fall. Flüchtlinge sind in einer ganz anderen Situation,
ihnen steht nach der Genfer Konvention Schutz zu. Aber sie haben unserer
Meinung nach keinen Anspruch darauf, diesen Schutz nur in Deutschland
gewährt zu bekommen. Das muss innerhalb der EU gesteuert werden.
Das heißt, in einem Wahlkampf würden Sie Richtung Schwarz-Gelb tendieren
und ihren Wählern ein Einwanderungsgesetz in Aussicht stellen?
Nein. Wir würden keine Koalitionsaussage machen, bei uns gibt es Freie
Demokraten pur.
In der Flüchtlingsfrage greifen Sie die Regierung scharf an. Ihr
Vorsitzender Christian Lindner sagt, Angela Merkel habe „keinen Plan“, sie
sei ein „Unsicherheitsfaktor“. Wie wollen Sie diese Grobheiten der
Kanzlerin erklären, sollte die FDP 2017 wieder für eine Koalition infrage
kommen?
Ich glaube, dass man der Stimmung in der CDU/CSU entnehmen kann, dass das
Vorgehen der Kanzlerin gerade kein planvolles ist. Dublin 3 und dann auch
noch Schengen außer Kraft zu setzen, das ist ein Zickzackkurs, der auf
europäischer Ebene nicht funktioniert. Erst recht nicht, wenn wir kein
Einwanderungsgesetz haben. Ich habe unsere Vorschläge für ein solches
Gesetz CDU-Generalsekretär Peter Tauber zugeschickt und ihm gesagt, dass
wir kein Copyright nehmen. Er kann sich da gerne bedienen. Ich finde es
übrigens schade, dass er in dieser Frage von seiner Kanzlerin
zurückgepfiffen wurde. Wir werden aber an dem Thema dranbleiben.
3 Nov 2015
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
FDP
Nicola Beer
Frauenquote
Christian Lindner
FDP
FDP
Schwerpunkt Landtagswahlen
FDP
## ARTIKEL ZUM THEMA
FDP bei der Hamburg-Wahl: Nach achtzehn Monaten Jammertal
Anderthalb Jahre lang haben die Liberalen nur Niederlagen eingesteckt.
Jetzt sind sie zurück, wenn auch erst einmal nur in Hamburg.
Dreikönigstreffen der FDP: Lindners leise Vorstellung
Die FDP ist aus dem Bundestag raus und nur noch in sechs Landesparlamenten.
Kann es einen Neuanfang geben? Eine Tragödie in drei Akten.
„Freiheits-Konvent“ der FDP: Die Reihen lichten sich
Über ein Jahr nach dem Desaster bei der Wahl zum Bundestag sucht die FDP
ihre Leitlinien. Am Sonntag trifft die Führung auf ihre ratlose Basis.
FDP vor den Wahlen in Ostdeutschland: Liberale im Strudel
Vor den Wahlen in Thüringen und Brandenburg blickt die FDP auf die Scherben
ihrer Existenz. Ein Besuch bei ihrer Bundesgeneralsekretärin in Berlin.
Dreikönigstreffen der FDP: Die FDP und die Kassiererin
Christian Lindner spricht in Stuttgart parolenfrei über Europa.
Generalsekretärin Nicola Beer überrascht mit einer neuen Zielgruppe.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.