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# taz.de -- Strippenzieher im Vorruhestand: Der Pate geht von Bord
> Götz von Fromberg kannte Oberschicht und Rotlichtmilieu. Jetzt hat der
> Vertraute von Ex-Bundeskanzler Schröder angekündigt, sich zurückzuziehen.
Bild: Hat was zu melden an der Leine: Götz von Fromberg sorgt für Frieden zwi…
HANNOVER taz | Es gibt eine Fotoserie, die Götz von Fromberg mit einem
Schlag bundesweit berühmt gemacht hat: Grinsend steht er da im Jahr 2010
zwischen den beiden Rockerkönigen Frank Hanebuth, Hells Angels, und Peter
Maczollek, Bandidos. Einen „Friedensgipfel“ habe er moderiert, verkündete
der Anwalt – und wer die für Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover
typische Verbindung zwischen Oberschicht und Unterwelt nicht kannte, fragte
sich: Dieser Typ da ist also ein enger Freund und Arbeitskollege des
früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder?
Eigentlich hatte Frombergs „Friedensgipfel“ dabei helfen sollen, aus den
Schlagzeilen herauszukommen: Es sollte Schluss sein mit dem irgendwann per
Schusswaffe, Beil und Machete ausgetragenen Rocker-Krieg: Tödliche Schüsse
auf offener Straße, das bedrohte nicht mehr nur das Image des Anwalts mit
der Kanzlei in der piekfeinen Adenauerallee: Längst interessierten sich
auch Zeitungen aus Frankfurt und Berlin für die Freunde Frombergs. Der
vertritt Hanebuth seit mehr als 30 Jahren und fand sich plötzlich im
Zentrum einer illustren Seilschaft dargestellt.
Frombergs Freunde, das waren die „Frogs“, die „Friends of Gerd“: Denn d…
im Stadtteil Kleefeld aufgewachsene Jurist, der bei der Eröffnung seiner
Kanzlei 1975 Hannovers jüngster Anwalt war, hatte schon als Referendar mit
Schröder in der Kneipe „Plümecke“ die noch heute berühmte Currywurst
gegessen. Er arbeite „in Bürogemeinschaft“ mit Gerhard Schröder, der sein…
Beruf „nach Artikel 66 Grundgesetz“ zur Zeit nicht ausübe, hieß es 25 Jah…
später auf jedem Briefkopf aus Frombergs Kanzlei. Deutlicher konnte er kaum
machen, wie dicke er mit dem Kanzler war.
Zu den „Frogs“ zählten nicht nur Musiker wie Udo Lindenberg oder
„Scorpions“-Sänger Klaus Meine: Auch Wirtschaftsbosse wie der einstige
Preussag- und TUI-Chef Michael Frenzel und der Finanzvertriebler Carsten
Maschmeyer, dank zunehmend privat organisierter Altersversorgung und
„Riester-Rente“ zum Multimillionär geworden, kamen gern zu Frombergs
„Herrenabenden“.
Im Partykeller des von der Lokalpresse zum „Staranwalt“ geadelten Juristen
konnten sie zusammen mit dem Kanzler nicht nur „Krökeln“, wie Tischfußball
in Hannover genannt wird. Mit dabei war oft auch Hanebuth; der durfte erst
dann nicht mehr kommen, als Schröder Kanzler wurde. In Hannover rechneten
dem „President“ der örtlichen Hells Angels viele hoch an, dass er Ruhe in
das Bordellviertel Steintor gebracht habe.
Gerade zur Weltausstellung Expo müssten Polizei und Stadtverwaltung doch
ein Interesse daran haben, dass der Steintorbereich“ als „attraktives
Vergnügungsviertel aufgebaut und erhalten bleibt“, schrieb Fromberg im Jahr
2000 – wiederum unter Hinweis auf den SPD-Bundeskanzler Schröder – an
Hannovers ebenfalls sozialdemokratischen Oberbürgermeister Herbert
Schmalstieg sowie Polizeipräsident Hans-Dieter Klosa. Außerhalb der Stadt
sahen das viele anders: In den Schlagzeilen war plötzlich von
„Hannover-Connection“ und gar „Maschsee-Mafia“ die Rede.
Drei Monate nach dem Wirbel um den „Friedensgipfel“ hat sich Schröder aus
der Bürogemeinschaft mit Fromberg verabschiedet. Rockerchef Hanebuth wollte
seine Geschäfte nach Spanien verlagern, saß dort zwei Jahre in
Untersuchungshaft (siehe Kasten). Am Mittwoch dieser Woche hat auch der
heute 67-jährige Fromberg selbst in der Hannoverschen Allgemeinen seinen
Rückzug als Anwalt verkündet. Die Häuser, die er am Steintor in
unmittelbarer Nähe der einstigen Hells-Angels-Kneipe „Sansibar“ besessen
haben soll, gelten schon länger als verkauft.
Einen einzigen Fall will der Jurist demnach noch zu Ende bringen: Hanebuth
ist nur auf Kaution auf freiem Fuß – die spanischen Ermittlungsrichter
werfen ihm weiterhin Drogenhandel, Erpressung, Freiheitsberaubung,
Geldwäsche und Kapitalanlagebetrug vor.
28 Oct 2015
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Gerhard Schröder
Hannover
Hells Angels
Bandidos
Organisierte Kriminalität
Hells Angels
Rocker
Bayern
Braunschweig
Rocker
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