# taz.de -- Peter Pan im 3D-Kino: Steampunk-Horror im Nimmerland | |
> Welch ein Trip! Peter Pan fliegt durchs Universum und sucht nach seiner | |
> Mutter. Und das in einem Action-Spektakel in 3-D von Joe Wright. | |
Bild: Levi Miller als Peter Pan auf dem Piratenschiff von Blackbeard. | |
Alles begann mit der Erzählung „The Little White Bird“ von 1902, in der J. | |
M. Barrie in einem Nebenstrang über den Jungen Peter Pan fantasierte. Zwei | |
Jahre später folgte das Bühnenstück „Peter Pan, or The Boy Who Wouldn‘t | |
Grow Up“. Allein zu diesem Schöpfungsprozess gibt es mittlerweile einen | |
eigenständigen Film: „Finding Neverland“ von Marc Foster aus dem Jahr 2004 | |
mit Johnny Depp und Kate Winslet in den Hauptrollen. | |
Die Geschichte von Peter Pan, „Peter and Wendy“, mit all den bekannten | |
Figuren wie Captain Hook, Wendy und der kleinen Elfe Tinker Bell, existiert | |
hingegen „erst“ seit 1911. Auch sie stammt aus der Feder des Schotten | |
Barrie. | |
Unzählige Adaptionen für Film und Theater, eine japanische Anime-Serie und | |
nicht zuletzt auch der bekannte Disney-Film aus den 50er Jahren sind diesem | |
literarischen Basismaterial entlehnt. | |
Was es bisher allerdings noch nicht gab, ist Peter Pan in 3-D. Das gibt es | |
nun. Und um die Pan-Welt noch ein bisschen zu verkomplizieren: Das fortan | |
im Kino zu bestaunende Werk des britischen Regisseurs Joe Wright (“Stolz | |
und Vorurteil“, „Abbitte“, „Anna Karenina“) ist ein Peter-Pan-Prequel… | |
Ansatz her ist die Idee eigentlich gar nicht verkehrt, wohnt ihr doch auch | |
etwas potenziell Unbeschwertes inne. Die Frage hierbei ist nur: Ist es Joe | |
Wright gelungen, Nimmerland um Nennenswertes zu bereichern? | |
„Pan“ beginnt eher dramatisch als abenteuerlich. Eine Dame in Eile, Mary | |
(Amanda Seyfried), legt ihr Baby vor einer Haustüre ab. Es trägt ein | |
Kettchen, an dem eine metallene Panflöte befestigt ist. Gut zwölf Jahre | |
später, in einer Art Dickens-London, begegnet man Peter (liebenswert: Levi | |
Miller) wieder. Er lebt mit vielen anderen Jungen in einem | |
heruntergekommenen Waisenhaus. Da kommt die Entführung nach Nimmerland | |
gerade recht. Mitten in der Nacht greifen Arme nach ihm und zerren ihn ins | |
fliegende Piratenschiff von Blackbeard (Hugh Jackman). | |
## Captain Hook baggert | |
Was nun auf und mit diesem Schiff passiert, ist rasant: Bomber umschwirren | |
es, Peter droht mehrmals über Bord zu gehen. Dann verlässt das Schiff die | |
Erde und schwebt durchs Universum. Gesetze von Raum und Zeit sind außer | |
Kraft gesetzt; in riesigen Wasserblasen schwimmende Tiere ziehen an Peter | |
vorüber. Welch ein Trip! Doch der Ort, an den die Reise letztlich führt: | |
ein Steampunk-Horror. In einer riesigen Mine suchen Zwangsarbeiter nach | |
Pixum, einer Art Feenstaub, das es Blackbeard ermöglicht, ewig jung zu | |
bleiben. Aber mit diesem Strang hält sich „Pan“ nicht allzu lange auf – | |
denn als Peter zur Überraschung aller zu fliegen anfängt, verlagern sich | |
Interesse und Geschehen. | |
„Pan“ agiert auf mehreren Baustellen gleichzeitig. Der Junge selbst sucht | |
nach seiner Mutter. Seine Sehnsucht nach ihr nimmt ihn vollkommen ein. Und | |
tatsächlich, man kennt Mary in Nimmerland. Peter ist das Produkt einer | |
Liebe zu einem Elf. | |
Nebenbei führt der Film Hook (hypermaskulin: Garrett Hedlund) ein, der | |
ebenfalls nach Pixum schürft. Zudem gilt es, das Feenreich mitsamt der | |
schönen Prinzessin Tiger Lilly (Rooney Mara) zu entdecken. Zwischendrin | |
gibt es Cara Delevingne in mehrfacher Ausführung, die treibt in einem | |
Gewässer als Meerjungfrau umher. Hook baggert penetrant. Atemlos springt | |
„Pan“ von Episode zu Episode mit einer zermürbend hohen Action-Frequenz. | |
Das hat etwas Rauschhaftes, Opulentes. Joe Wrights Nimmerland ist eines, wo | |
hinter jedem noch so unauffälligen Gewächs ein Spektakel lauert. Aber | |
dieses bleibt rein technisch. Nach „Pan“ fühlt man sich doch ein wenig | |
verkühlt. | |
8 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Carolin Weidner | |
## TAGS | |
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Animationsfilm | |
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