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# taz.de -- Unterhaltungsformate im Fernsehen: Alles ein Einheitsbrei
> Ein paar wenige internationale TV-Produzenten tun sich zusammen. Und
> plötzlich laufen überall auf der Welt die gleichen Unterhaltungsshows.
Bild: Nur eine von vielen gleichförmigen Sendungen: „Deutschland sucht den S…
Vorn liegen noch immer die bekannten Unterhaltungsformate. In dreizehn
Länder wurde „Master Chef“ auf der größten TV-Programmmesse der Welt, der
Mipcom in Cannes, verkauft. Die Show, die bei uns als „Deutschlands
Meisterkoch“ lief, beglückt damit Fernsehgemeinden in sechzig Ländern.
Auch der Siegeszug von „Big Brother“ hält weiter an. Mit fünf Verkäufen
2015 ist die Reality-Serie, die bereits in achtzig Ländern gelaufen ist,
immer noch in den Top Ten der Verkaufsliste zu finden. Eher ungewöhnlich:
Auch die neue Nackt-Datingshow „Adam sucht Eva“ konnte mit sechs Verkäufen
auf Anhieb in die aktuelle Top Ten einsteigen.
Fast alle der erfolgreichen TV-Unterhaltungsformate, also Shows, Dokusoaps,
Game- und Talkshows werden von wenigen großen internationalen
Produzentennetzwerken hergestellt. Die Entwicklung hat sich verschärft,
weil einige Player in den vergangenen Jahren fusionierten: Banijay hat sich
mit Zodiac zusammengeschlossen, gemeinsam generieren sie jetzt eine
Milliarde US-Dollar Umsatz pro Jahr. Endemol, Shine und Core haben sich
ebenfalls zu einer Einheit verbunden, die mehr als 600
Entertainment-Formate kontrolliert. Daneben agieren etwa die
Muttergesellschaft der Ufa, Fremantle, All3Media, Warner Television oder
die ITV Studios.
Damit bestimmen diese Anbieter einen Großteil des Fernsehangebots rund um
den Globus. Denn Entertainmentprogramme sind gefragt wie nie zuvor. Laut
einer Studie des Formatt-Instituts hatte dieses Segment im deutschen
Fernsehen 2012 einen Anteil von 45 Prozent. Eine aktuelle Untersuchung des
RTL-Vermarkters IP kommt weltweit auf einen Anteil von 40 Prozent.
Noch auffälliger: Die Sendungen, die vor allem westliche Werte vermitteln,
kommen in den unterschiedlichsten Kulturen an. „Pop Idol“ („Deutschland
sucht den Superstar“; d. Red.) löste seinerzeit in Afghanistan eine
Revolution aus. Frauen, die vor die Kamera traten, das wurde als Zeichen
der Liberalisierung nach der Taliban-Herrschaft gesehen, aber es wurde auch
heftig umkämpft“, sagt Medienwissenschaftler Gerd Hallenberger.
## Singen, Tanzen, Kochen, Rätseln
Er vermutet hinter der globalen Verbreitung der Entertainment-Formate
keinen „Kulturimperialismus“, sondern die Auswahl der Themen: Singen,
Tanzen, Kochen, Rätseln – das nutzen Menschen aller Kulturen zur
Unterhaltung. Allerdings: Eine Quizshow im Iran unterscheidet sich um
einiges von dem, was wir gewohnt sind. Etwa wenn eine Gruppe Mullahs
zwölfjährige Jungen nach ihrem Koranwissen befragt.
Die weitaus wichtigere Grundlage für internationale Verbreitung dürfte aber
die industrielle Herstellung von Fernsehen sein, die sich mit der
Konzentration der Unterhaltungsproduzenten verstärkt hat. „Traumhochzeit“
mit Linda de Mol wurde damals in Holland direkt hintereinander für den
niederländischen und deutschen Markt produziert“, sagt Horst Röper vom
Formatt-Institut, „das war eine ganz neue, viel kostengünstigere Art des
Produzierens.“
Der nächste Schritt bestand darin, in den wichtigen Fernsehmärkten eigene
Dependancen aufzubauen. Eine „Konsolidierung“ habe dann nach der globalen
Finanzkrise eingesetzt, wie ITV-Unterhaltungschef Mike Beal betont: „Als
Resultat, um die großen Schwankungen im Produktionsgeschäft und im
Publikumsgeschmack auszugleichen.“
Die Expansion der großen Netzwerke beschränkt sich aber nicht nur auf die
Etablierung eigener lokaler Niederlassungen, sondern sie kaufen kleinere
kreative Unternehmen auf. So ist die Kölner Brainpool schon lange Teil von
Banijay. Manko dieser Entwicklung: Kleine, unabhängige lokale Produzenten,
die früher als kreative Motoren galten, haben jetzt kaum noch eine Chance.
Denn Sender greifen lieber auf Formate zurück, die anderswo bereits
erfolgreich waren. Und die gibt es eben bei den internationalen Playern.
„Dadurch grenzt sich das Angebot immer mehr ein, weil Vielfalt ja letztlich
Vielfalt von Quellen bedeutet“, sagt Röper.
Seit dem Start von „Big Brother“ vor über fünfzehn Jahren jedenfalls ist,
was neue innovative Ideen angeht, auf dem TV-Unterhaltungsmarkt nicht mehr
viel passiert.
11 Oct 2015
## AUTOREN
Wilfried Urbe
## TAGS
Fernsehen
Unterhaltung
Doku-Soap
Fernsehen
Schwul
Trash
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