# taz.de -- Hauswirtschafterinen fordern mehr Geld: Zum Leben zu wenig | |
> Sie sorgen für Sauberkeit und bekämpfen Hunger. Für existenzsichernde | |
> Gehälter aber müssen Hamburgs Kita-Hauswirtschafterinnen kämpfen. | |
Bild: Nirgends ein Traumjob, aber in „Elbkinder“-Kitas noch weniger: Hausar… | |
Es geht um Geld, um 250 Euro brutto mehr im Monat. Aber hinter dieser | |
Lohnforderung, aufgestellt von den in der Vereinigung Kita Service | |
Gesellschaft (VKSG) zusammengeschlossenen Hausarbeiterinnen und | |
Hauswirtschaftsleiterinnen, steckt so sehr wie der Kampf um ein | |
existenzsicherndes Einkommen auch einer um Wertschätzung. | |
Miserabel sind aus Sicht der Betriebsrätinnen Gitta Koch und Dagmar | |
Hegermann die Arbeitsbedingungen von fast 950 Frauen, die sich um die | |
Hygiene und das Essen in den Kitas der städtischen Vereinigung „Elbkinder“ | |
kümmern: Demnach bestimmen Niedriglöhne, Arbeitsbefristungen und das | |
Verwehren von Vollzeitstellen die Situation in der VKSG, immerhin eines | |
städtischen Unternehmens. | |
Vor zehn Jahren reformierte der CDU-FDP-Schill-Senat das | |
Kita-Gutscheinsystem, woraufhin mehr Kinder in die Kitas strömten, ohne | |
aber dass der Staat entsprechend mehr Geld gegeben hätte. Um zu sparen, | |
gliederte die Vereinigung der Hamburger Kindertagesstätten – Vorgängerin | |
der „Elbkinder“ – die Servicekräfte aus. Alte Tarifverträge galten nicht | |
mehr, die Bezüge sanken um bis zu 30 Prozent, der Personalbestand wurde | |
reduziert. | |
„Seitdem hat sich die Arbeitsbelastung stark erhöht“, sagt Betriebsrätin | |
Hegermann. Das liegt auch daran, dass die Elbkinder keine inzwischen | |
ganztags schulpflichtigen Hortkinder mehr betreuen, dafür immer mehr Ein- | |
bis Zweijährige. In diesem Alter treten besonders viele Allergien und | |
Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf, was bedeutet: Immer öfter benötigen | |
die Elbkinder-Kinder spezielle Diäten. Zudem fallen bei Krippenkindern, | |
anders als bei älteren, auch Bettwäsche und Kuscheldecken an – und damit | |
mehr zu waschende Wäsche. | |
Die Arbeiterwohlfahrt zahlt ihrem hauswirtschaftlichen Personal je nach | |
Tätigkeit und Betriebszugehörigkeit zwischen 140 und 800 Euro brutto mehr | |
als die Elbkinder beziehungsweise die VKSG. Beider gemeinsame | |
Geschäftsführung unterstreicht in den seit August laufenden | |
Tarifverhandlungen: „Wir haben kein Geld für Lohnsprünge.“ Statt der | |
geforderten 250 Euro soll es nur 50 Euro mehr geben. | |
Doch es ist nicht nur die erhöhte Arbeitsbelastung bei stagnierenden | |
Löhnen, die der Betriebsrat und die Gewerkschaft Ver.di kritisieren. Um die | |
„Flexibilität zu wahren“, so die VKSG-Geschäftsleitung, ist die Arbeitsze… | |
bei allen Hausarbeiterinnen auf 25 Stunden befristet. „454 der 650 | |
Hausarbeiterinnen liegen mit ihrem Einkommen unter der | |
Armutsgefährdungsgrenze von 917 Euro“, hat die | |
Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Inge Hannemann errechnet. „Damit sind sie | |
automatisch auf aufstockende Sozialhilfe oder einen Zweitjob angewiesen“, | |
ergänzt Betriebsrätin Koch. Laut einer Senatsantwort auf eine | |
Linken-Anfrage sind drei Dutzend betroffener Frauen nur mit befristeten | |
Arbeitsverträgen ausgestattet. Eine solche „sachgrundlose Befristung“ ist | |
laut Koalitionsvertrag eigentlich an „strenge Regularien“ zu binden. | |
Am heutigen Mittwoch beraten die Ver.di-Mitglieder in der VKSG über das | |
Arbeitgeberangebot, bei dem es nur um Lohn und Urlaub geht. Über | |
Befristungen und Arbeitszeitdeckelungen soll im kommenden Jahr verhandelt | |
werden. | |
13 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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