# taz.de -- Putsch in Burkina Faso: Soldaten gegen Gardisten | |
> Putschistenchef Diendéré widersetzt sich dem Ultimatum der Armee, die | |
> Macht wieder abzugeben. Ein Westafrika-Sondergipfel berät in Nigeria. | |
Bild: Alles unter Kontrolle? Militärischer Checkpoint in Ouagadougou. | |
Berlin taz | Nachdem sich am Montag zwei westafrikanische Präsidenten an | |
Burkina Fasos Militärputschisten die Zähne ausgebissen haben, war am | |
Dienstag die eigene Armeeführung an der Reihe. General Gilbert Diendéré, | |
der am Donnerstag nach einem Putsch der von ihm geführten Präsidialgarde | |
RSP die Macht ergriffen hatte, war am Dienstagnachmittag immer noch im Amt, | |
in Missachtung eines Ultimatums seines Vorgesetzten. | |
Burkina Fasos Armee war im Morgengrauen kampflos in der Hauptstadt | |
Ouagadougou eingerückt, um den Putsch zu beenden. Generalstabschef Pierre | |
Zagré hatte zuvor General Diendéré befohlen, sich zur Verfügung zu halten | |
und seine Truppe dem Generalstab zu unterstellen. | |
Am Dienstagmorgen legte General Zagré mit einem Ultimatum nach: Bis zehn | |
Uhr Ortszeit (zwölf Uhr deutsche Zeit) müsse die RSP die Waffen | |
niederlegen; ihre Soldaten samt Familien sollten ihre Basis hinter dem | |
Präsidentenpalast verlassen und sich in eine Militärkaserne begeben. | |
Diendéré, seit 30 Jahren faktisch der mächtigste Mann hinter den Kulissen | |
des burkinischen Machtsystems, dachte aber nicht daran, einfach so die | |
Waffen zu strecken. Der Putschistenführer lud Journalisten in den | |
Präsidentenpalast und erklärte ihnen, es gebe gar kein Ultimatum, sondern | |
eine Einladung zu Gesprächen, die er gerne annehme. Die eingerückten | |
Soldaten stellte er als Unzufriedene dar, deren Forderungen man sich | |
annehmen werde. | |
Er wolle eine Lösung der Krise, könne aber gar nicht selbst entscheiden, | |
wann er die Macht an die von ihm gestürzte zivile Regierung zurückgebe: | |
Dafür liege ein am Sonntag und Montag von den Präsidenten Senegals und | |
Benins ausgearbeiteter Vorschlag auf dem Tisch, der erst noch von den | |
versammelten Staatschefs Westafrikas im Rahmen der Regionalorganisation | |
Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) geprüft werden müsse. | |
## Kafando zum französischen Botschafter geflüchtet | |
Der Vermittlervorschlag sieht vor, dass die Junta die Macht wieder an | |
Interimspräsident Michel Kafando zurückgibt, dieser im Gegenzug im | |
Eilverfahren ein Amnestiegesetz für die Putschisten durch das Parlament | |
bringt und die bisher von den geplanten Wahlen ausgeschlossenen | |
Parteigänger des ehemaligen Präsidenten Blaise Compaoré doch noch zur Wahl | |
zulässt. Der Wahltermin könnte dann vom 11. Oktober auf den 22. November | |
verschoben werden. | |
Kafando, der nach seiner Freilassung durch die Junta in die Residenz des | |
französischen Botschafters geflüchtet ist, war an der Ausarbeitung dieses | |
Vorschlags nach eigenen Angaben nicht beteiligt und viele seiner Anhänger | |
lehnen eine Amnestie für die Putschisten strikt ab. An diesem Streit war am | |
Montag der Versuch der beiden Präsidenten gescheitert, von allen Seiten ein | |
entsprechendes Abkommen unterzeichnen zu lassen. | |
Nun sind die Ecowas-Staatschefs am Dienstag auf Einladung von Nigerias | |
Präsident Muhammadu Buhari kurzfristig am Flughafen der nigerianischen | |
Hauptstadt Abuja zu einem Sondergipfel zusammengekommen, um über den | |
Vorschlag zu befinden. Der in diesem Jahr demokratisch gewählte Buhari weiß | |
als früherer General und Putschist genau, wie man mit der Ehre eines | |
Putschgenerals umgehen muss. Er wird vermutlich Konzessionen befürworten, | |
sofern das Endziel einer Rückkehr zur zivilen Herrschaft gewahrt bleibt. | |
## Die Putschistenregierung kontrolliert das Land nicht | |
Entsprechend der Ergebnisse des Sondergipfels wollte Diendéré über seine | |
nächsten Schritte entscheiden. Werde die Garde vorher angegriffen, werde | |
sie sich aber verteidigen, sagte er. | |
So stand Armeechef Zagré plötzlich düpiert da, obwohl er zehnmal mehr | |
Soldaten zur Verfügung hat als Diendéré mit seinen rund 1.200 Gardisten. | |
Unschlüssig über ihr weiteres Vorgehen schienen auch die Demonstranten, die | |
seit Donnerstag gegen den Putsch protestieren und jetzt das Einrücken der | |
Armee bejubelten. | |
Während am Montagabend noch zahlreiche Fotos aus burkinischen Städten | |
zirkulieren, auf denen Menschenmassen die aus ihren Basen ausrückenden | |
Militärkolonnen mit Ziel Ouagadougou feiern, waren die Straßen der | |
Hauptstadt am Dienstag weitgehend leer. Zum Ablauf des Ultimatums hatte die | |
Protestbewegung die Menschen aufgerufen, vorsichtshalber nach Hause zu | |
gehen. Als am Nachmittag nichts passierte, öffneten die Geschäfte wieder. | |
Immerhin aber scheint festzustehen: Die Putschistenregierung kontrolliert | |
das Land nicht, und sie wird auch nicht im Amt bleiben. Fraglich ist nicht | |
ob, sondern wie sie die Macht wieder zurückgibt. Diendéré tut aber alles | |
dafür, damit die Antwort auf diese Frage möglichst lange offen bleibt. | |
22 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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