# taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Der Deckel muss weg! | |
> Die CDU präsentiert absurde Vorschläge, wie Asylverfahren beschleunigt | |
> werden sollen. | |
Bild: Warten, warten, warten: Flüchtlinge am Lageso in Berlin. | |
Asylverfahren beschleunigen: Das will nicht nur die Bundesregierung, das | |
wollen auch Sozialsenator Mario Czaja und Justizsenator Thomas Heilmann | |
(beide CDU). Sie präsentierten Anfang der Woche ihre Vorschläge dafür. | |
Angesichts der Asylbegehrenden, die oft Wochen warten, bis ihnen auch nur | |
eine Unterkunft zugewiesen wird, und dann noch Monate, um den Asylantrag zu | |
stellen, scheint das auf den ersten Blick keine dumme Idee. | |
Doch wer schnellere Asylverfahren will (und von Flüchtlingen Integration | |
erwartet), muss auch am Ende des Verfahrens den Deckel öffnen, der | |
anerkannten Flüchtlingen diese Integration bislang versperrt. Tausende | |
sitzen in Berlins Flüchtlingsheimen fest, weil sie keine Wohnungen | |
bekommen. Und es gibt keine Beratungs- oder Vermittlungsstelle, die ihnen | |
bei der Suche hilft. | |
Die Integration der Anerkannten in den Arbeitsmarkt ist den Jobcentern | |
überlassen, spezielle Angebote oder Beratungsstellen gibt es kaum. Das (von | |
Arbeitssenatorin Dilek Kolat, SPD) viel gelobte Projekt Arrivo kann gerade | |
mal 100 Menschen für handwerkliche Berufe qualifizieren. Dabei sind gerade | |
unter den syrischen Flüchtlingen, die fast alle anerkannt werden, viele | |
AkademikerInnen: Laut Bundesamt für Asyl geben 25 Prozent von ihnen eine | |
Hochschulausbildung an, fast doppelt so viele wie unter Asylsuchenden | |
gesamt. | |
Diese meist hochmotivierten Menschen sitzen in den Jobcentern BeraterInnen | |
gegenüber, die von deren Integration in oder Nachqualifizierung für den | |
Arbeitsmarkt kaum Ahnung haben. Schließlich wurden sie vor zehn Jahren mit | |
der Aufgabe gegründet, Druck auszuüben und Sanktionen zu verhängen: gegen | |
jene angeblich faulen Langzeitarbeitslosen, die der damalige | |
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) mit Parasiten verglichen | |
hatte. (Nicht nur) bei der Arbeitsintegration ausländischer AkademikerInnen | |
hilft das jedoch kaum. | |
Für Flüchtlinge bedeutet das oft wieder monatelanges Warten: etwa darauf, | |
dass nach Abschluss eines Sprachkurses der nächste bewilligt wird. Ärzte, | |
die sich selbst Hospitationsplätze gesucht haben, um die Kenntnisse für die | |
zur Zulassung nötige Fachsprachprüfung zu erwerben (für die Berlin keine | |
Vorbereitungskurse anbietet), berichten, dass Jobcenter diese dann nur für | |
maximal sechs Wochen bewilligen, auch wenn der nächste Sprachtest erst viel | |
später stattfindet: So seien eben die Vorschriften. Stattdessen sollen sie | |
im Heim sitzen und – warten. | |
Die vorhandenen Instrumente reichten zur Integration der Flüchtlinge in den | |
Arbeitsmarkt aus, heißt es bislang vom Senat. Wer bei beschleunigten | |
Asylverfahren vor allem auf beschleunigte Abschiebungen hofft, mag das so | |
sehen. Wer Integration will, sollte besser genauer hingucken. | |
3 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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