# taz.de -- Bund der Steuerzahler über Stimmzettel: „Wahlbeteiligung sank tr… | |
> Vorstandsmitglied Carl Kau moniert Bremens Stimmzettel in „leichter | |
> Sprache“. | |
Bild: Für viele keine leichte Situation: allein mit dem Wahlzettel, Bremen im … | |
taz: Herr Kau, ist die Verwendung von Leichter Sprache tatsächlich ein | |
Bremer „Luxus“, wie der Bund der Steuerzahler moniert? | |
Carl Kau: Auf jeden Fall. Als Nehmerland kann man sich nichts leisten, was | |
sich Geberländer auch nicht gönnen wollen oder können – wie bei den | |
Wahl-Unterlagen. Hinzu kommt die Frage nach der Effektivität: Wenn damit | |
bei der vergangenen Bürgerschaftswahl ein Erfolg erzielt worden wäre, | |
könnte man das vielleicht noch rechtfertigen. Aber die Wahlbeteiligung sank | |
trotz der teuren Wahl-Zettel. | |
Die Zahl der ungültigen Stimmen hat sich im Mai doch aber reduziert! | |
Die Menschen gehen nicht deswegen nicht zur Wahl, weil sie den Wahlzettel | |
nicht kapieren. Sie sind mit der Wahl-Reaktion unzufrieden – weil trotz | |
deutlicher Abwahl einer Koalition mit Verlust von 13 Prozentpunkten sich | |
dennoch nichts ändert. Die Menschen wollen durch Fernbleiben einen | |
Denkzettel verpassen – nicht weil der Wahlzettel kompliziert geworden ist. | |
Wie sollen zum Beispiel Analphabeten wählen können? | |
Also erst einmal ist deren Anzahl in Deutschland nicht so groß – und in | |
Bremen auch nicht exorbitant hoch. Und dafür gibt es Hilfestellungen, die | |
man sich im Umfeld holen muss und kann. | |
Rund 15 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland gelten als funktionale | |
Analphabeten – also Menschen, die verschachtelte Sätze schwer verstehen. | |
Gut, aber wie gesagt: Dafür gibt es Möglichkeiten. Sowohl die Parteien | |
bieten Hilfestellungen an, als auch das private Umfeld. Wenn ich ein | |
Handicap habe, muss ich ja auch selber dafür sorgen, dass ich mit | |
persönlicher Hilfe bewerkstelligt bekomme, was ich machen will. | |
Sowohl das Grundgesetz als auch diverse UN-Konventionen verlangen die | |
Möglichkeit zu gleichberechtigter Teilhabe. Da ist Bremen doch wohl in der | |
Pflicht, das Wählen ohne Hilfe zu ermöglichen? | |
Das eigentliche Problem ist doch: Hier in Bremen ist der Wahlmechanismus | |
unnötig verkompliziert worden. Die leichte Gestaltung muss also dadurch | |
stattfinden, dass man einen verständlichen Wahlmodus schafft. Das zweite | |
ist: Sie müssen vernünftige Politik machen. Ich prophezeie einen weiteren | |
Rückgang der Wahlbeteiligung. Aber nicht wegen der Menschen, die ein | |
Handicap haben. Sondern aufgrund der Menschen, die diesen politischen | |
Wahlmechanismus nicht mehr mitmachen wollen. | |
Will der Bund der Steuerzahler nun alle Bundesländer an den Pranger | |
stellen, die dem Bremer Beispiel in Bezug auf „leichte“ Wahlunterlagen | |
folgen? | |
Hier werden verschiedene Punkte völlig übersehen: Die Wahlbenachrichtigung | |
kam früher als Postkarte, jetzt wurde sie aufgrund des Umfangs teurer als | |
Brief verschickt. Allein das hat 40.000 Euro mehr gekostet. Die in | |
Deutschland einmaligen farbigen Parteien-Logos kosteten 175.000 Euro | |
zusätzlich. Und dann hat die Wahlkommission den Termin der Wahl so | |
unglücklich gewählt, dass man an Christi Himmelfahrt noch einige Stimmen | |
auszählen musste – mit Mehrkosten von 26.700 Euro. Das sind doch die | |
wichtigen Punkte – nicht nur die leichte Sprache. | |
1 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Laurin Meyer | |
## TAGS | |
Bildung in Bremen | |
Schwerpunkt AfD | |
Inklusion | |
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