| # taz.de -- Lollapalooza-Festival in Berlin: Die Realität des Musikbetriebs | |
| > Erstmals findet in Deutschland das Lollapalooza-Festival statt. Man darf | |
| > befürchten, dass es ein eher austauschbares Format sein wird. | |
| Bild: Grell, bunt, divers? Berliner Lollaplooza 2015 | |
| In diesen Tagen färbt sich am ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin | |
| alles bunt. Bühnen und Stände sind in grelle, psychedelische Farben | |
| gehüllt. Das Lollapalooza-Festival steht bevor - erstmals findet die in den | |
| USA legendäre Musikveranstaltung an diesem Wochenende in Deutschland statt. | |
| 45.000 Menschen werden an beiden Tagen erwartet, das Festival ist | |
| ausverkauft – bei Ticketpreisen zwischen 99 und 139 Euro. Große Rockacts | |
| wie Muse oder die Beatsteaks treten auf. | |
| Es ist keine Frage, dass bei dem Spektakel jede Menge guter Künstler (das | |
| „innen“ lassen wir an dieser Stelle mal weg, dazu gleich) zu sehen sein | |
| werden. Man darf sich aber fragen, ob das Festival mit dem klingenden Namen | |
| wirklich ein zeitgemäßes, vorwärtsgewandtes Format ist, das auch das | |
| Polyphone einer Stadt wie Berlin gut wiedergibt. Ist das deutsche | |
| Lollapalooza wirklich so grell, bunt und divers wie es zu sein vorgibt? | |
| Zumindest sind einige Punkte bedenkenswert. So ist es vom Musikprogramm ein | |
| sehr weiß und männlich dominiertes Festival geworden – | |
| Doctorella-Gitarristin und Popjournalistin Sandra Grether rechnete kürzlich | |
| bei einer Podiumsdiskussion vor, dass knapp 90 Prozent der Auftretenden | |
| weiße Männer seien. Dazu sollte man sagen, dass – wenn vielleicht auch | |
| nicht in so krassem Maße – bei den großen, westlichen Musikfestivals die | |
| weißen Männer immer in der Überzahl sind. Was es nicht besser macht. | |
| Darauf angesprochen sagt Lollapalooza- Booker Stefan Lehmkuhl, er scheitere | |
| zum Teil an den Realitäten des Musikgeschäfts: „Ich achte wirklich sehr | |
| darauf, wen ich buche“, sagt er, „andererseits halte ich es für | |
| unrealistisch, ein vollständig politisch korrektes Line-Up zu haben.“ Er | |
| spreche nicht nur vom Frauenanteil, sondern auch von der Berücksichtigung | |
| schwarzer Künstlerinnen und Künstler oder LGBT-Personen. | |
| ## Knapp 90 Prozent weiße Männer | |
| Man habe mit Florence + The Machine unbedingt einen weiblichen Headliner | |
| buchen wollen – das sei an der Gage gescheitert. Was man dann aber auch | |
| anmerken darf: Die Realitäten des Musikgeschäfts werden sich nicht ändern, | |
| wenn die großen Musikunternehmen und Festivalmacher (auch da sparen wir uns | |
| vorerst mal das „innen“), wozu die veranstaltende Hörstmann Gruppe in | |
| Deutschland gehört, sie nicht ändern. | |
| Man vermisst darüber hinaus eine eigene Sprache des Festivals. „Es ist kein | |
| Importfestival, wir setzen in Berlin eigene Akzente“, sagt Lehmkuhl – und | |
| meint damit etwa den höheren Anteil an Kleinkunst und bildender Kunst. | |
| Dennoch fragt man sich, wo diese sonst noch liegen – abgesehen von den | |
| deutschen Bands, die nun auftreten und die einen denken lassen, Berlin habe | |
| ein eigenes Rock am Ring. | |
| Es gab auch unter den der großen, kommerziellen Festivals immer wieder | |
| gute, frische Formate, die kuratorisch eine Leerstelle füllten. Das | |
| Melt-Festival (ebenfalls Hörstmann Gruppe) gehört sicher dazu. Vielleicht | |
| im vergangenen Jahr das A Summer‘s Tale-Festival in Niedersachsen, das | |
| Musik, Film, Literatur und Debatten zusammenbrachte. Beim deutschen | |
| Lollapalooza aber darf man vorab mutmaßen, dass es ein eher austauschbares | |
| Format sein könnte. | |
| 13 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Uthoff | |
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