# taz.de -- 50 Jahre NDR-Fernsehen: Früher war alles besser? Naja | |
> Wenn ein Sender zurückblickt: Das NDR Fernsehen feiert sein 50-jähriges | |
> Bestehen mit der Doku „Unsere Geschichte – Unser NDR“. | |
Bild: Damals: Wolf von Lojewski bei den „tagesthemen“. | |
„Der NDR gehört den Bürgern, nicht den Parteien“, stand 1979 auf einem | |
Transparent, das Demonstranten durch Hamburg trugen. Auf die Straße | |
gegangen waren Mitarbeiter der NDR, sogar Intendant Martin Neuffer | |
marschierte mit. Der Protest richtete sich gegen Gerhard Stoltenberg, den | |
damaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten. | |
Der Christdemokrat hatte im Jahr zuvor den Staatsvertrag gekündigt, nicht | |
zuletzt, weil er in Rage darüber war, dass der NDR sich geweigert hatte, | |
einem Beschluss des aus Ministern zusammengesetzten Verwaltungsrats Folge | |
zu leisten. Die Politiker hatten angeordnet, eine Reihe mit dem nüchternen | |
Titel „Der Betriebsrat“ abzusetzen, die den Anspruch hatte, Arbeitnehmern | |
das Betriebsverfassungsgesetz nahezubringen. | |
In diesen Tagen an solche Begebenheiten zurückzudenken liegt durchaus nahe, | |
denn ab dem heutigen Montag feiert das NDR Fernsehen eine Woche lang sein | |
50-jähriges Bestehen. | |
Teil des Schwerpunkts ist die Dokumentation „Unsere Geschichte – Unser | |
NDR“, eine Oral-History-Produktion, in der prägende Figuren des Senders von | |
jenen Erlebnissen erzählen, die ihnen subjektiv am wichtigsten sind – etwa | |
Peter Merseburger, der frühere Redaktionsleiter von „Panorama“, oder Jobst | |
Plog, der von 1991 bis 2008 Intendant war. | |
## Ein gewisses Unbehagen | |
Dass NDR-Mitarbeiter für ihren Sender auf die Straße gehen, ist heute kaum | |
mehr vorstellbar. Für ein Programm, in dem regelmäßig der „Knochenbrecher�… | |
bzw. „XXL Ostfriese“ Tamme Hanken oder am kommenden Freitag der | |
„Sternengucker von Neufelderkoog“ aufkreuzt – „Der Hobby-Astronom baute | |
sich kurzerhand eine Sternwarte auf das Dach der heimischen Scheune. Dort | |
oben hin zieht sich der Familienvater in den kreisrunden Eigenbau zur | |
Entspannung zurück“, heißt es in der Ankündigung – kämpft es sich nicht… | |
leicht. | |
Ein gewisses Unbehagen über den „XXL Ostfriesen“ und Konsorten schwingt | |
möglicherweise mit, wenn Jobst Plog in „Unsere Geschichte – Unser NDR“ d… | |
heutige Programm kritisiert: „Diese oder jene Kante muss wieder | |
eingeschliffen werden.“ Falsch liegt der Veteran da zwar nicht, aber | |
wohlfeil klingt das Statement trotzdem, denn in seiner Ära hat die | |
Seichtheit bereits Einzug gehalten. | |
Frank Beckmann, der heutige Programmdirektor, findet es natürlich überhaupt | |
nicht gerecht, das aktuelle Angebot auf Zerstreuungsfernsehen à la „Der XXl | |
Ostfriese“ zu reduzieren. Noch nie in der Geschichte des Programms, betont | |
Beckmann, habe es so viele Nachrichtenblöcke gegeben wie heute. | |
Viermal läuft „NDR aktuell“, hinzu kommen Nachrichten in den | |
Frühabendmagazinen der Landesprogramme und natürlich die „Tagesschau“. | |
Außerdem, so der Programmdirektor, setze sein Sender, anders als die | |
anderen Dritten Programme, an sechs von sieben Tagen in der Prime- Time um | |
20.15 Uhr auf Informationsformate. | |
## Keine Kritik | |
Andererseits ist „Information“ ein dehnbarer Begriff. „Markt“ zum Beisp… | |
1989 gestartet, „war früher eine politisch engagierte Sendung, heute ist es | |
ein reines Verbrauchermagazin“, sagt Jürgen Schröder-Jahn, der einst für | |
die Sendung gearbeitet hat. | |
Er betont aber auch, er wolle damit nicht die journalistische Qualität der | |
heutigen Beiträge kritisieren. Schröder-Jahn, Jahrgang 1936, hat zumindest | |
im NDR-Milieu einen großen Namen, von ihm stammt „Der Betriebsrat“, jene | |
Reihe, die dank parteipolitischer Interventionen für viel Aufsehen sorgte. | |
Nicht nur mit der Doku „Unsere Geschichte – Unser NDR“ blickt der Sender … | |
den kommenden Tagen zurück. Auch andere Redaktionen planen entsprechende | |
Beiträge oder Spezialausgaben, darunter am Mittwoch das Satiremagazin | |
„Extra 3“: Dessen „Abend der Legenden“ wird präsentiert von verschiede… | |
Ex-Moderatoren der 1976 gestarteten Sendung. | |
Das erste Gesicht von „Extra 3“ war Wolf von Lojewski, der später die | |
„tagesthemen“ und das „heute-journal“ moderierte. Von ihm stammt der | |
schönste Satz aus „Unsere Geschichte – Unser NDR“. Über die Zeit bei �… | |
3“, ursprünglich eine sehr anarchische Sendung und nur zu einem kleinen | |
Teil ein Satiremagazin, und das Verhältnis zu den Oberen sagt er: „Die | |
hatten mehr Angst vor uns als wir vor denen.“ | |
Auch wenn da ein gewisses Eigenlob anklingt, stellt sich die Frage, ab wann | |
die Hierarchien denn keine Angst mehr hatten. Das habe begonnen mit der | |
Fixierung auf die Quote ab Mitte der 1980er Jahre, sagt Hans-Jürgen Börner, | |
Koautor von „Unsere Geschichte – Unser NDR“. Wenn sich ein Programm als | |
schlecht abqualifizieren lässt, weil die Quoten schlecht sind, braucht man | |
sich vor den Machern nicht zu fürchten. | |
Von einem gewissen Populismus kann sich der NDR auch in der aktuellen | |
Feierstimmung nicht lösen. Weil die Programmstrategen des Hauses offenbar | |
glauben, die Zuschauer interessierten sich nicht für die Historie „ihres“ | |
Senders, haben sie „Unsere Geschichte – Unser NDR“ ins Nachtprogramm | |
gepackt. | |
16 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
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