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# taz.de -- Manipulationen bei NDR-Sendungen: Am Anfang war der Beschiss
> Neben dem ZDF hat auch der NDR für seine Sendungen Umfrageergebnisse
> verändert. Das ist blöd, aber nicht so blöd wie die Ranking-Shows an
> sich.
Bild: Der schönste Deich Norddeutschlands – eventuell.
Ganz demütig wandte sich der NDR in der vergangenen Woche an die
Öffentlichkeit: Der Sender hatte – nachdem bekannt geworden war, dass das
ZDF bei seiner Show „Deutschlands Beste“ eher Deutschlands Zweit- bis
Drittbeste geehrt hatte – die eigenen Ranking-Shows durchleuchtet.
Ergebnis: „Bei der Überprüfung von 58 zwischen 2011 und 2014 neu
produzierten Sendungen haben sich bei neun Sendungen einzelne Abweichungen
zwischen dem Voting-Ergebnis und dessen Präsentation in der Sendung
gezeigt“, hieß es zum Beispiel in einer Stellungnahme der Programmdirektion
Fernsehen.
Auch die Hörfunkabteilung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat ein
Entschuldigungsschreiben aufgesetzt: Dort wurden ebenfalls bei zwei
Formaten die Ranglisten nach der Onlineabstimmung noch geändert.
Und so schrieb neben den Fernseh- und Hörfunkverantwortlichen auch noch der
Oberboss, der NDR-Intendant und amtierende ARD-Vorsitzende Lutz Marmor, ans
Volk und kündigte an, dass der Sender zukünftig alles dafür tun werde,
„selbst geringfügige Abweichungen zu vermeiden und offen darzulegen, wenn
sie im Ausnahmefall redaktionell geboten sind“.
Der NDR ganz transparent, Marmor räumt auf. Toll! Bei den Shows
„Norddeutschlands klügste Chefs“ und „Norddeutschlands gewiefteste
PR-Strategen“ würde er bestimmt auf Platz eins landen. Oder zwei. Oder
drei. Je nachdem, wie viele abstimmungsbereite Mitarbeiter sich im
NDR-Intranet zusammentrommeln lassen.
Denn genau da – viel früher als bei der nachträglichen Manipulation des
Ergebnisses – fängt der Beschiss der Zuschauerinnen und Zuschauer schon an.
„Die beliebtesten Komiker des Nordens“, „Die schönsten Gärten und Parks
Norddeutschlands“ oder „Die schönsten Mühlen Norddeutschlands“ heißen …
manipulierten Sendungen. Alle beziehen ihre superlative Kraft aus
Abstimmungen auf ndr.de. Welch mickrige Basis für derartige Aussagen! Da
drehen sich jedem Empiriker die Fußnägel auf links.
## Keine repräsentativen Umfragen
Zugegeben, der NDR hat – anders als das ZDF bei „Deutschlands Beste“ – …
behauptet, dass seine Ergebnisse auf repräsentativen Umfragen beruhen
würden. Aber das ist zweitrangig.
Denn auch das vom NDR (und von vielen anderen) auserwählte Angebot an die
Zuschauerinnen und Zuschauer über Onlineabstimmungen an
Ranglistenplatzierungen teilzuhaben, ist so nutzlos, dass es eine
Verarschung an sich ist, den ZuseherInnen, ZuhörerInnen oder einfach nur
Abstimmenden zu suggerieren, dass hier am Ende des Votings ein auch nur
ansatzweise aussagekräftiges Ranking darüber entstünde, welcher Bienenstock
der beliebteste ist, welcher Dopingfall im Dressursport der schönste, oder
welche Wendeltreppe in einem Leuchtturm die gefährlichste.
## Der allerschönste Garten von Siggi
Nur weil ein paar Rasen- und Zierstrauchliebhaber – die alle gut
organisiert im Forum www.KampfdemUnkrautunddemWildwuchs.de Tipps zur
Unterwerfung der Natur austauschen – sich zusammengerottet, hier und da
rumgeklickt und für ihre Freunde Siggi und Heidrun abgestimmt haben, ist
der Garten von Siggi und Heidrun noch lange nicht der schönste
Norddeutschlands – da kann das Grundstück noch so malerisch an der Eider
liegen.
Leider werden durch die nun stattfindende Skandalisierung der
nachträglichen Ranking-Manipulationen die ursprünglichen
Abstimmungsergebnisse und damit auch die Shows sogar noch aufgewertet. Denn
nur die Irreführung bei vermeintlich Wahrhaftigem kann ein Skandal sein.
Doch wahrhaftig war bei den Ranglisten-Shows noch nie etwas.
Konsequent wäre es, die Abstimmungen ganz bleiben zu lassen. Das würde
zeigen, dass die Sender die Zuschauerinnen und Zuschauer ernst nehmen
würden – und ihnen nicht irgendetwas vorgaukeln wollen. Doch das geht ja
nicht, denn: „Seit vielen Jahren gehören Ranking-Sendungen zum
Programmangebot des NDR und sind bei den Zuschauerinnen und Zuschauern
beliebt.“ So steht es in der Stellungnahme der Programmdirektion Fernsehen
des NDR. Im ersten Satz. Aber sie hätten sich auch kürzer fassen können:
Die Abschaffung geht nicht, wegen: Quote.
11 Aug 2014
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
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