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# taz.de -- Kompromiss zwischen Maschmeyer und NDR: „Das ist ein Sieg für de…
> NDR und Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer legen ihren Streit über
> kritische TV-Berichte bei. Der Sender sei eingeknickt, sagen Kritiker.
> Der NDR sieht das anders.
Bild: Carsten Maschmeyer mit seiner Freundin Veronica Ferres.
Schon beim Jahrestreffen der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche
Anfang Juni zeigte sich die Panorama-Redaktion siegesgewiss. „Wir sind uns
relativ sicher, schon bald alles wieder zeigen zu können“, sagte Kristopher
Sell, Rechercheur bei Panorama dort auf einem Podium in Hamburg. Gemeint
war damit das Material, das die Redaktion über Finanzunternehmer Carsten
Maschmeyer gedreht und zu mehreren Fernsehbeiträgen verarbeitet hatte und
das zeigt, wie Maschmeyer, der Gründer des umstrittenen Finanzunternehmens
AWD, Kleinanleger falsch beraten, um ihre Ersparnisse gebracht und damit
Millionen verdient haben soll.
Auch Maschmeyers enges Verhältnis zur Politik kritisierte die
Panorama-Redaktion. Maschmeyer überzog die NDR-Redaktion daraufhin mit
einer Flut an Unterlassungsklagen und drohte die Ausstrahlung der
Fernsehbeiträge mit insgesamt achtzehn Gerichtsverfahren zu verhindern. Nun
kam überraschend alles ganz anders: „Der NDR und Herr Carsten Maschmeyer
haben sich darauf geeinigt, sämtliche Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang
mit der NDR-Berichterstattung über Herrn Maschmeyer nicht mehr weiter zu
verfolgen“, heißt es in einer außergerichtlichen Vereinbarung, die der NDR
mit dem umstrittenen Unternehmen getroffen hatte und die wenig später im
Internet zu finden war.
Doch wie kam es zu diesem Sinneswandel? Medienrechtsanwalt Markus Kompa aus
Münster gehört zu den größten Kritikern der Vereinbarung und er mutmaßt:
„Für diesen Kompromiss muss es irgendeinen Grund geben, den wir nicht
kennen.“ Denn, so urteilt er weiter, „nach rechtlichen Maßstäben wäre die
Sache zu gewinnen gewesen. Der NDR hat einen langen Atem.“
Die Details der Vereinbarung wertet Kompa als Einknicken des NDR. So hat
der Sender zugesichert, die Beiträge über den Unternehmer nicht mehr online
zu bewerben und den zuvor ins Internet gestellten Schriftverkehr zwischen
Reporter Christoph Lütgert und Maschmeyer ins Archiv zu verschieben. Auch
darf das gedreht Material der Panorama-Redaktion nicht, wie sonst im
ARD-Verbund üblich, an andere Sender und Redaktionen weitergegeben werden.
## Gebührengelder für Prozesskosten
Der NDR übernimmt außerdem die Hälfte der Prozesskosten, die nun mithilfe
von Gebührengeldern bezahlt werden. „Der NDR hätte Haltung zeigen müssen�…
meint Medienanwalt Kompa. „Man hätte die Sache für die Meinungsfreiheit
durchentscheiden lassen müssen.“ Beim NDR sieht man dazu keine
Veranlassung. „Wenn man auch so bekommt, was bei der Gerichtsverhandlung
auf dem Spiel gestanden hätte, dann kann sich der Sender guten Gewissens
auf eine solche Vereinbarung einlassen“, sagte NDR-Sprecher Martin Gartzke
der taz.
Ein Prozess wäre langwierig geworden und hätte unnötig Kräfte gebunden.
Panorama-Reporter Christoph Lütgert, der die Beiträge über Maschmeyer
federführend produziert hatte, geht noch weiter. „Das ist ein Sieg für den
NDR“, sagt er. „Nur um des lieben Friedens willen, haben wir die
Vereinbarung nicht offensiv als Sieg verkauft.“ Bis auf eine Szene, die
Maschmeyer vor seinem Privathaus in Hannover zeigt, darf das komplette
Material wieder gezeigt werden.
Mit ein paar Klicks sind die Beiträge in der [1][Mediathek des NDR] zu
finden. Die weitere Berichterstattung über Maschmeyer ist durch die
Vereinbarung nicht eingeschränkt. „Herr Maschmeyer merkte, dass er so nicht
weiter kam“, erklärt sich Lütgert den Umschwung. Irgendwann habe er
gesehen, dass er dem NDR damit nützt und sich selbst schadet. Maschmeyer
wird in den Beiträgen stets im Zusammenhang mit dem AWD genannt. Zwar hat
er seinen Anteil an der Firma 2007 an den Schweizer Versicherungskonzern
Swiss Life verkauft.
Doch hält er nun 10 Prozent der Aktien an diesem Konzern. Gut möglich, dass
Swiss Life Deutschland mit Sitz in München sich ein Ende der schlechten
Presse um Herrn Maschmeyer und den AWD erbeten hat. Ausschlaggebend für den
Sinneswandel mag aber vor allem gewesen sein, dass Carsten Maschmeyer seit
Februar 2011 eine neue Beratungsagentur für sich engagiert hat. Statt dem
Medienanwalt Matthias Prinz aus Hamburg, der hinter all den Klagen stand,
wird er nun von der Firma Communications & Network Consulting (CNC) aus
München betreut. Deren Leiter, Christopher Walter, pflege ein gutes
Vertrauensverhältnis zu Werner Hahn, dem Chefjustiziar des NDR, hieß es aus
München. Den beiden hätten sich sehr um ein pragmatisches Verhältnis
bemüht.
21 Jul 2011
## LINKS
[1] http://www.ndr.de/mediathek/index.html
## AUTOREN
Marlene Halser
## TAGS
NDR
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