| # taz.de -- Flüchtlingshilfe in der Schule: Pensionierte Lehrer an die Tafel | |
| > In Niedersachsen wird der Ruf nach pensionierten Deutschlehrern laut. Das | |
| > Kultusministerium verweist auf ehrenamtliche Initiativen vor Ort. | |
| Bild: Auch den Kindern fehlen Lehrkräfte: Pensionierter Pauker an der Schule | |
| Bremen taz | Aufgrund der wachsenden Zahl schulpflichtiger | |
| Flüchtlingskinder sollen pensionierte Lehrer zurück in den Schuldienst | |
| geholt werden – das fordern niedersächsische Behörden und Verbände. | |
| „Pädagogen aus dem Ruhestand zurückzuholen, wäre ein gutes Mittel, um den | |
| gestiegenen Bedarf an Schulangeboten zu decken“, findet Kai Weber, | |
| Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen. | |
| Weber beklagt, dass die Flüchtlinge bislang stark auf die ehrenamtliche | |
| Tätigkeit der Initiativen vor Ort angewiesen sind. „Die können jetzt nicht | |
| auch noch die Aufgabe übernehmen, Kinder zu beschulen“, sagt er. Hier sei | |
| das Kultusministerium verantwortlich. | |
| Im niedersächsischen Gifhorn konnte schon vor den Sommerferien der | |
| Sprachunterricht nicht im nötigen Umfang erteilt werden, weil es an Lehrern | |
| mangelte. | |
| Pensionierte Lehrkräfte, die sich in der Sprachförderung für | |
| Flüchtlingskinder in Schulen engagieren wollen, seien herzlich willkommen, | |
| heißt es aus dem Kultusministerium. Gezielt anwerben will sie die Behörde | |
| allerdings nicht. „Die Schulen vor Ort wissen am besten, ob ein Bedarf | |
| besteht und wen sie dafür ansprechen können“, sagt Susanne Schrammar, | |
| Sprecherin des niedersächsischen Kultusministeriums. | |
| Ihr Ressort setze daher auf den direkten Kontakt zwischen den Schulen und | |
| Lehrkräften. Über die Landesschulbehörde könnten jene Verträge mit | |
| pensionierten Lehrkräften abschließen. Diese arbeiten dann nebenamtlich. | |
| ## Viele Flüchtlinge sind schulpflichtig | |
| Die Landesregierung rechnet damit, dass etwa 30 bis 40 Prozent der | |
| Flüchtlinge im schulpflichtigen Alter sind. Dem Vorsitzenden des | |
| niedersächsischen Philologenverbandes, Horst Audritz, genügt diese | |
| Information nicht. „Es ist völlig unklar, wie groß der Bedarf an | |
| zusätzlichen Lehrern ist“, kritisiert er. Es fehlten genaue Zahlen vom | |
| Kultusministerium. Die Schulen könnten deshalb häufig nur kurzfristig | |
| reagieren. | |
| „Wir können die Flüchtlingskinder nicht einfach in die Klassen setzen und | |
| die Lehrer alleine lassen“, sagt der Philologen-Vertreter Audritz. | |
| Schließlich sollten sie nicht nur beaufsichtigt, sondern auch unterrichtet | |
| werden. Dafür sei mehr Geld nötig – auch um personell aufzustocken. | |
| ## Breite Erfahrung | |
| Das Kultusministerium verweist auf die breite Erfahrung in der Beschulung | |
| von Flüchtlingskindern. „Wir fangen in Niedersachsen nicht bei null an“, | |
| sagt Schrammar. Bereits im vergangenen Schuljahr erhielten die Schulen | |
| insgesamt rund 40.000 Lehrerstunden, die für Sprachförderung verwendet | |
| werden konnten. Auch die Zahl der Sprachlernklassen sei auf rund 240 | |
| gestiegen. Dies entspreche einer Vervierfachung gegenüber dem Schuljahr | |
| 2013/2014. | |
| Die Aufnahme von Flüchtlingskindern in niedersächsische Schulen ist durch | |
| einen Erlass vom Juli 2014 geregelt. Danach sind Kinder nicht-deutscher | |
| Herkunftssprache, die in Niedersachsen schulpflichtig werden, wie alle | |
| anderen auch in die örtlich zuständige Grundschule aufzunehmen. Wegen | |
| fehlender Sprachkenntnisse darf niemand vom Schulbesuch ausgeschlossen | |
| werden. | |
| „Der Erlass liest sich gut“, sagt Weber. Diesen Rechtsanspruch müsse das | |
| Kultusministerium aber auch durchsetzen. Dazu seien weitere Gelder und | |
| Lehrkräfte nötig. „Der Markt ist nicht leergefegt“, behauptet er. | |
| ## „Ein langfristiger Gewinn“ | |
| Weber fordert zudem, dass das Land auch 18- bis 25-Jährigen anbietet, eine | |
| Schule zu besuchen. „Investitionen in Kinder und Jugendliche sind ein | |
| langfristiger Gewinn“, sagt er. Als Steuerzahler würden sie dem Staat | |
| früher oder später Leistungen zurückbringen. „Es wären verschenkte | |
| Ressourcen, sie nur auf Hilfstätigkeiten zu verweisen“, findet Weber. | |
| Auch in Bremen wächst der Bedarf an Schulangeboten für Flüchtlingskinder. | |
| Über Lösungsansätze will das Bildungsressort allerdings erst morgen | |
| diskutieren. Fest steht jedoch: Die im rot-grünen Koalitionsvertrag | |
| versprochenen 200 zusätzlichen Lehrer kommen zum Schuljahresbeginn noch | |
| nicht. „Im Haushaltsjahr 2016 werden zunächst 120 neue Stellen geschaffen“, | |
| sagt Holger Ilgner, Sprecher der Bremer Bildungsbehörde. Alle weiteren | |
| sollen schrittweise folgen. | |
| 31 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Laurin Meyer | |
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