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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Das seltene Tierchen Sensationsteam
> Wer wird die Überraschungsmannschaft der Saison? Wenn alles gut läuft,
> womöglich ausgerechnet der 1. FC Köln. Und das ganz nüchtern-sachlich.
Bild: Ob sie‘s selbst gedacht hätten, dass sie so gut dastehen in der neuen …
Jedes Jahr ist die Liga aufs Neue auf der Suche nach einem scheuen
Tierchen, das vom Aussterben bedroht scheint: die Überraschungsmannschaft.
Und jedes Jahr, so hat es den Anschein, wird es schwieriger, in den
erlauchten Kreis der Top-Klubs vorzudringen, die über mehr Kapital und/oder
deutlich bessere Strukturen verfügen.
Als vermeintlicher Underdog die Plätze eins bis vier zu erreichen, scheint
nahezu unmöglich – die Überraschungsmannschaft von heute zeichnet aus, dass
sie es schafft, sich dahinter zu platzieren und vielleicht die Europa
League zu erreichen. Zuletzt hatten Augsburg oder Mainz diese inoffizielle
Bezeichnung inne, davor war es Hannover.
Vor dieser Spielzeit trauten nun viele Beobachter dem 1. FC Köln zu, zu
einer solchen Überraschungsmannschaft heranzureifen. Nachdem man in der
Vorsaison mit pragmatisch-effizientem Ergebnisfußball und 13 Unentschieden
(davon neun torlos) die Klasse halten konnte, hat sich der FC sinnvoll
verstärkt.
Mit Anthony Modeste (kam aus Hoffenheim), Simon Zoller (Kaiserslautern),
Philipp Hosiner (Stade Rennes) und Leon Bittencourt (Hannover) kamen gleich
vier Offensivkräfte, die das Angriffsspiel beleben sollen. Gleichzeitig hat
man mit Manager Jörg Schmadtke (erfahren im Managen von
Überraschungsmannschaften) und dem österreichischen Coach Peter Stöger wohl
endlich fähige Leute gefunden, die den ehemaligen Chaosklub auf
nüchtern-sachliche Art und Weise führen.
## Völlig harmlos
Wer am Samstagnachmittag die Tabelle so betrachtete, der konnte sich
bestätigt fühlen, wenn er die Domstädter auf der Rechnung hatte: Der 1. FC
Köln stand nach dem 2:1-Heimsieg gegen den HSV für wenige Stunden gar auf
Platz zwei, hat nun sieben Punkte aus drei Spielen geholt. Genauso viele
wie Wolfsburg. Ein optimaler Saisonstart.
Wer aber das Spiel zuvor gesehen hatte, für den dürfte sich zwangsläufig
eine andere Perspektive ergeben haben. Gewonnen haben die Kölner aufgrund
einer Elfmeter-Fehlentscheidung durch Schiedsrichter Deniz Aytekin zehn
Minuten vor Schluss (Rot für Emir Spahic nach angeblichem Foul gegen
Modeste). In der ersten Halbzeit hatten die Kölner zwar noch eine äußerst
geordnete Spielanlage gezeigt, waren aber völlig harmlos geblieben in der
Bewegung nach vorne. In der zweiten Hälfte verloren sie die Ordnung und
verlegten sich aufs Kontern, während der HSV die deutlich besseren Chancen
hatte und verdient in Führung ging. Dann sorgte Joker Hosiner für mehr
Vorwärtsdrang im konfusen Kölner Spiel und traf zum Ausgleich. Kurz darauf
nahm Modeste das Elfmeter-Geschenk dankend an.
Darf man sich also nicht blenden lassen vom auf dem Papier hervorragenden
Start der Kölner? Muss man die üblichen Verdächtigen aus Augsburg oder
Mainz eher zum Kreis der gar nicht mehr so überraschenden
Überraschungsmannschaften zählen? Nun, man könnte auch anders herum
argumentieren: Wer wie die Kölner diese Spiele gewinnt, bei denen deutlich
zu sehen ist, dass das Team noch nicht zusammengefunden hat, der könnte
eine gute Rolle in der Bundesliga spielen. Die Potenziale nach vorne,
gerade von den Neuen, waren bislang nur in Ansätzen zu erkennen. Und wer
weiß, vielleicht blüht ein offensichtliches Talent wie Leon Bittencourt in
Köln endlich richtig auf?
Zu erkennen ist auf jeden Fall, dass Schmadtke und Stöger bei allem
geerdeten Pragmatismus eine Idee mit dieser Mannschaft verfolgen. Stöger
setzt bei einer sehr dichten Defensive auf schnelles Umschalt- und
Flügelspiel. Interessant ist es allemal, ob dieser Kader ohne großen Star
die Idee des Kollektivs auf dem Platz verwirklichen kann. So lange, wie das
noch offen ist, bleibt Köln eher eine Wundertüte als eine
Überraschungsmannschaft.
30 Aug 2015
## AUTOREN
Jens Uthoff
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