# taz.de -- Kommunalwahl in Norwegen: Niederlage für Rechtspopulisten | |
> Die Wähler bescheren der Fortschrittspartei und den Konservativen ein | |
> regelrechtes Debakel – weil die Parteien zu fremdenfeindlich sind. | |
Bild: Siv Jensen, Vorsitzende der Fortschrittspartei, und der Finanzminister vo… | |
Stockholm taz | „Rot, rot, rot“, fasste Oslos konservative Tageszeitung | |
Aftenposten am Dienstag das Ergebnis der Kommunalwahlen zusammen. Am Vortag | |
wurden die NorwegerInnen zu den Wahlurnen gerufen und färbten die | |
politische Karte des Lande von Blau – also konservativ – auf Rot um. | |
In 17 der 19 Regierungsbezirke („Fylke“) wurde die sozialdemokratische | |
Arbeiterpartei mit ihrem besten Resultat seit drei Jahrzehnten stärkste | |
Kraft und landesweit gewannen ausschließlich Parteien, die links von der | |
Mitte stehen. Umgekehrt mussten die derzeitigen Regierungsparteien, die | |
konservative Høyre und die rechtspopulistische Fortschrittspartei kräftige | |
Verluste hinnehmen. | |
Und die grüne Miljøpartiet De Grønne, die bei den Parlamentswahlen vor zwei | |
Jahren noch klar an der 4-Prozent-Sperrklausel gescheitert war, schaffte | |
den Durchbruch. Vor allem in den Städten war sie erfolgreich und wurde | |
beispielsweise mit jeweils rund acht Prozent in Oslo und Trondheim sogar | |
drittstärkste Kraft. „Historisch“ freute sich Parteisprecherin Hilde Opoku. | |
In der Hauptstadt werden die Grünen vermutlich mitregieren. | |
Auch wenn vorwiegend kommunale Fragen auf der Tagesordnung standen, hatte | |
sich die Abstimmung zu einer Art „Flüchtlingswahl“ entwickelt. Dafür hatte | |
vor allem die mitregierende Fortschrittspartei gesorgt. Auf lokaler Ebene | |
versucht die Partei derzeit die Einrichtung jeder neuen | |
Flüchtlingsunterkunft zu sabotieren. Auf nationaler Ebene beschnitt der für | |
Migrationsfragen zuständige Justizminister Anders Anundsen die | |
Aufnahmekapazitäten so, dass Flüchtlinge in Oslo nachts auf der Straße | |
campieren mussten. | |
## Im Schatten der Terrortaten | |
Wenn die Partei allerdings meinte, mit einer solchen Politik bei den | |
WählerInnen punkten zu können, sieht sie sich nun gründlich getäuscht. Mit | |
9,5 Prozent kam sie auf das schlechteste Ergebnis seit 1991 und lag noch | |
unter ihrem Resultat von vor 4 Jahren. Die damalige „Utøya-Wahl“ hatte im | |
Schatten der Terrortaten des Anders Breivik – Exaktivist der | |
Fortschrittspartei – gestanden und galt der Partei als Katastrophenwahl. | |
Nun verlor sie nahezu alle ihre Bürgermeisterposten. | |
Umgekehrt gewannen angesichts der Flüchtlingsdebatte mit Sozialdemokraten, | |
Grünen, dem liberalen „Zentrum und der Linkspartei Rødt durchweg Parteien, | |
die sich für die Aufnahme von mehr Flüchtlingen engagieren. Ein deutliches | |
Signal, meint der Wahlforscher Frank Aarebrot: Wenn es der | |
Fortschrittspartei in der Vergangenheit gelungen war, auf Stimmungen | |
mitzuschwimmen, sei sie diesmal mit ihrer fremdenfeindlichen Hetze „völlig | |
aus dem Takt“ geraten. Sie habe „den Stimmungsumschwung verschlafen“ und | |
den Kontakt zur eigenen Basis teilweise verloren. | |
Die Wahlschlappe könnte Konsequenzen auf nationaler Ebene haben. Erste | |
Stimmen aus der Partei fordern, sie müsse die Koalition mit der Høyre in | |
Frage stellen. Nur außerhalb der Regierungsverantwortung könne sie ihre | |
Anliegen konsequent verfolgen. | |
15 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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