# taz.de -- Minderheit unter Druck: Bund stoppt Jesiden-Schutz | |
> Innenministerium verhindert Schutz von Jesiden: Bremen solle es | |
> Angehörigen von Minderheiten nicht mehr erlauben, ihre Familien nach | |
> Deutschland zu holen. | |
Bild: Jetzt weniger geschützt: Jesidische Frauen, hier in einem irakitschen Fl… | |
Minderheiten in Syrien und dem Irak soll möglichst unkompliziert geholfen | |
werden und sie sollen auf legalen Wege nach Deutschland kommen können: Das | |
ist der politische Wille in Bremen, seit vor einem Jahr Terroristen des | |
Islamischen Staates (IS) im Nord-Irak massenweise Jesiden ermordeten. Unter | |
anderem per Familiennachzug konnten Jesiden in Bremen ihre Familien aus dem | |
Nord-Irak zu sich holen und in Sicherheit bringen. Doch im | |
Bundesinnenministerium (BMI) ist eine humanistische Auslegung der | |
Aufenthaltsgesetze offensichtlich nicht genehm. | |
In einem Schreiben von Anfang Juni, das der taz jetzt bekannt wurde, wird | |
der Praxis der Bremer Ausländerbehörde ein Riegel vorgeschoben. Man sei | |
sich bewusst, dass es unter anderem um Jesiden aus dem Irak geht, wird in | |
dem BMI-Schreiben explizit erwähnt. | |
„Den Familien diese Möglichkeit zu nehmen, ist brutal“, sagt Cindi Tuncel | |
(Linke). Er ist Jeside und besuchte im Februar ein Flüchtlingscamp im | |
irakischen Dohuk. Tuncel sagt, was er von den Menschen hörte, die vor den | |
IS-Terroristen geflohen sind, machte ihn fassungslos. „Die Frauen | |
berichteten von Vergewaltigungen, von Folter und Misshandlungen“, sagt er. | |
Auch im Flüchtlingscamp seien sie nicht sicher. Inzwischen gebe es Banden, | |
die jesidische Frauen aus dem Camp entführen und verkaufen. „Jesiden werden | |
in der Region immer noch als Ungläubige und Menschen zweiter Klasse | |
angesehen, mit denen man machen kann, was man will“, sagt Tuncel. Vor allem | |
Frauen könnten allein nicht überleben. | |
Im September 2014 hatte Tuncel mit der Linksfraktion deshalb einen Antrag | |
in die Bremische Bürgerschaft eingebracht, der von SPD und Grünen | |
mitgetragen wurde: Angehörigen von „ethnischen und religiösen Minderheiten | |
im Irak und Syrien, die vom IS bedroht sind“, solle Bremen einen Aufenthalt | |
ermöglichen – und zwar mittels Nachzug zu hier lebenden Verwandten ohne | |
finanzielle Auflagen. „Bremen war da wirklich Vorreiter“, sagt Tuncel. | |
Viele Familien hätten so ihre Verwandten retten können. | |
Das wurde wohl auch im BMI bemerkt: „Insbesondere scheint es den | |
Ausländerbehörden darum zu gehen, verfolgten Minderheiten im Nahen Osten | |
(etwa Jesiden im Irak) einen legalen Migrationsweg nach Deutschland zu | |
eröffnen“, heißt es in dem Schreiben des BMI an den Bremer Innensenator, | |
das der taz vorliegt. Bei Voraussetzungen für den Familiennachzug müsse es | |
sich aber „stets um eine familienbezogene Härte handeln“. Und: „Die prek… | |
Situation in Kriegs- oder Krisengebieten, die gleichsam für alle dort | |
lebenden Menschen eine außergewöhnliche Härte darstellt, erfüllt die | |
Voraussetzung [...] grundsätzlich nicht.“ Da gebe es auch „kein Ermessen�… | |
Das hatte nach taz-Informationen Konsequenzen: Mindestens zwei jesidischen | |
Frauen, die im Irak allein sind, blieb nach dem BMI-Schreiben der Weg nach | |
Bremen versperrt. Antworten des Bundesinnenministeriums sowie der Bremer | |
Innenbehörde zu der Angelegenheit lagen bis Redaktionsschluss nicht vor. | |
19 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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