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# taz.de -- Juso-Chefin Johanna Uekermann: Auf Kriegsfuß mit Google
> Seit 2013 ist Johanna Uekermann Vorsitzende der Jusos, im Herbst will sie
> wieder kandidieren. Selbstbewusst, aber keine Revoluzzerin.
Bild: Zu kaum einem Thema meldet sie sich nicht zu Wort: Johanna Uekermann.
Wenn Johanna Uekermann ihren Namen googelt, ärgert sie sich. Einer der
ersten Vorschläge, den die Suchmaschine anbietet, ist „Johanna Uekermanns
Freund“. Und aus den Zeitungsartikeln würde sie die Worte „neue Frisur“
oder „blaue Augen“ gern streichen. Die Juso-Bundesvorsitzende will über
Inhalte wahrgenommen werden.
Und eigentlich gäbe es da eine große Auswahl. Zu kaum einem Thema, das von
der Regierung auf den Tisch gebracht wird, meldet sie sich nicht zu Wort.
Vorratsdatenspeicherung findet sie doof, die Austeritätspolitik völlig
falsch, und im Umgang mit Flüchtlingen sollte die SPD sowieso ganz andere
Akzente setzen.
Dass Juso-Chefs die Parteilinie von links attackieren, gehört fast zu ihrer
Jobbeschreibung. Gerhard Schröder, Andrea Nahles, sie alle hatten in dem
Amt die rote Fahne geschwungen und, im Reichstag angekommen, einen Schwenk
gemacht. „Ich kann mir nicht vorstellen, meine Ideale über Bord zu werfen“,
sagt Ueckermann. Man dürfe das Amt auch nicht zu sehr auf Schröder
reduzieren.
Die Juso-Chefin verteidigt die Mutterpartei mit einem bekannten Argument:
„Wenn man etwas verändern will, muss man das in einer großen Partei wie der
SPD tun.“ Wenn die Parteispitze nach rechts abdriftet, will sie
innerparteilichen Widerstand organisieren. Das war schon so, als sie mit 17
Jahren erlebte, wie Rot-Grün die Agenda 2010 durchboxte. „In solchen Zeiten
denke ich immer: jetzt erst recht.“
Plakate für Schröder habe sie jedenfalls nie geklebt. Aber eine
Revoluzzerin ist Johanna Uekermann nicht, eher bedacht und kontrolliert.
Sie wägt ihre Worte sorgfältig ab, relativiert Kritik und spricht lieber
für die Jusos als für sich selbst – eine Teamplayerin, der es nicht in
erster Linie um den großen Auftritt geht. Im Grunde das wandelnde Gegenteil
von Sigmar Gabriel.
Von dem Parteivorsitzenden lässt sich die 27-Jährige nicht die Butter vom
Brot nehmen. „Ich war noch nie aufgeregt, wenn ich mit den Herren aus der
Bundespolitik zusammengetroffen bin.“ Trotzdem: Als junge Frau hat man es
auch in der SPD nicht immer leicht. Die Gefahr, als kleines Naivchen
abgestempelt zu werden, sei als Frau größer, sagt Uekermann. Sie selbst
schaffte es 2013 nicht in den Bundestag, auch weil die Partei sie in Bayern
mit einem der hinteren Listenplätze abspeiste. „Das darf uns Jusos aber
nicht bremsen“, sagt sie.
Dass Sigmar Gabriel sie ironisch als „Frau Uekermann“ bezeichnet, obwohl
unter Genossen das Du als ungeschriebenes Gesetz gilt, kommentiert die
27-Jährige mit Lächeln und Schulterzucken. Und auf argwöhnische Fragen, wie
sie sich denn als junge Politikabsolventin querbeet zu allen Themen äußern
könne, kontert sie ganz selbstbewusst: „Ich muss nicht Medizin studiert
haben, um eine Meinung zur Gesundheitspolitik zu haben.“
Umso zurückhaltender ist sie, wenn es um ihre politische Karriere geht. Sie
hätte Lust, im Herbst wieder für den Juso-Vorsitz zu kandidieren, weiter
will sie sich nicht festlegen. Man müsse demütig bleiben, findet sie, und
das kauft man ihr ab. Eine Freizeit jenseits von Politik oder der SPD kennt
sie aber schon jetzt nicht mehr. Sie pendelt zwischen Berlin und
Niederbayern, wo sie gemeinsam mit ihrem Vater im Kreistag sitzt – hier
eine kleine Wohnung, dort ein WG-Zimmer. Wie das erst werden soll, falls
irgendwann Kinder kommen, darüber macht sie sich Sorgen. „In Sachen
Vereinbarkeit muss sich schon noch einiges tun.“
27 Aug 2015
## AUTOREN
Josephine Schulz
## TAGS
Frauen
Politik
Jusos
SPD
Sigmar Gabriel
Johanna Uekermann
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
SPD
Handydaten
Grexit
Carsten Sieling
Jusos
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