# taz.de -- Kommentar zu jüdischen Extremisten: Vollkommen in die Irre geführt | |
> Präventive Haft für potentielle Terroristen bringt wenig. Israel muss die | |
> Strukturen ändern, die Mörder entstehen lassen. | |
Bild: Stellt sich eine Art jüdische Scharia vor: Meir Ettinger, erster Verhaft… | |
Wie fehlgeleitet müssen die „paar Dutzend“ jüdische Extremisten sein, von | |
denen Israels Geheimdienst spricht, wenn sie denken, sie könnten die | |
Regierung stürzen. Sie wollen ein neues Regime gründen, das sich nicht auf | |
das staatliche Gesetzbuch stützt, sondern auf die Halacha, die jüdischen | |
Gesetze. Eine Art jüdischer Scharia-Staat schwebt Meir Ettinger vor, dem | |
ersten Verhafteten im Mordfall Ali Dawabsche - dem palästinensischen | |
Jungen, der letzte Woche lebend verbrannte. | |
Vollkommen in die Irre geführt sind die Anfang 20jährigen Fanatiker, | |
genährt von systematischer Demagogie und dem Hass ihrer Eltern, Lehrer und | |
Rabbiner. | |
Hätte der kleine Ali „nur“ Rauchvergiftungen davongetragen, dann würden | |
Israels Tageszeitungen heute auf den Titelseiten von der | |
Haushaltsabstimmung berichten und nicht das Bild Ettingers zeigen, wie er | |
vor dem Richter steht. Von den rund 11.000 Überfällen auf Palästinenser, | |
die die PLO seit 2004 zählte, schaffen es die wenigsten in die Medien. Die | |
meisten Angriffe gingen glimpflich aus, aber es gab auch Morde. | |
Dieser jüdische Terror ist kein neues Phänomen. Im Vorfeld des Gazaabzugs | |
starben im August 2005 kurz hintereinander je vier Palästinenser durch die | |
Hand extremistischer Siedler. Dazu gehört Igal Amir, der Ex-Regierungschef | |
Yizhak Rabin mit drei Schüssen niederstreckte, die Untergrundzelle aus Bat | |
Ayn, Ami Popper, der sieben Menschen auf dem Gewissen hat, erst letztes | |
Jahr die Mörder des jungen Mohammad Abu Khdeir und natürlich Baruch | |
Goldstein, der „Schlächter von Hebron“, dem 28 muslimische Palästinenser | |
zum Opfer fielen, als sie in der Ibrahim-Moschee beteten. | |
Anstatt sich glaubwürdig zu distanzieren, errichteten Goldsteins | |
ideologische Verbündete, nur wenige Kilometer von der Ibrahim-Moschee | |
entfernt, einen Garten um sein Grab, samt Gedenktafel für „Baruch den | |
Helden“. Die Regierung lässt es zu. | |
## Hetze an den Schulen unterbinden | |
Potentielle Terroristen in Administrativhaft zu nehmen, soll nun Abhilfe | |
schaffen, dafür sorgen, dass es nicht noch einen Fall wie den von Ali | |
Dawabscheh geben wird. Ob die Festnahme Ettingers, wie es der Geheimdienst | |
schon vor einem Jahr plante, den Brandanschlag wirklich verhindert hätte? | |
Standen Igal Amir, Ami Popper und Goldstein auch auf der Liste der | |
Verdächtigen? Die präventiven Verhaftungen haben sich schon im Kampf gegen | |
den palästinensischen Terror als wenig effektiv entlarvt. | |
Stattdessen gilt es, den Sumpf auszutrocknen, aus dem die Mörder schlüpfen. | |
Die Hetze an den Schulen zu unterbinden, fordert Israel von der | |
palästinensischen Führung und hält sich selbst nicht an die eigenen Regeln. | |
Die orthodoxen Schulen, die ultra-nationalen Jeschiwot (Talmudschulen) und | |
die Synagogen gehören verschärft staatlich kontrolliert. Organisationen und | |
Einrichtungen, die zur Gewalt aufrufen, dürfen nicht staatlich gefördert, | |
sondern müssen verboten werden. Genauso wie einst die Kach-Partei von | |
Ettingers Großvater Meir Kahane, einem rassistischen Rabbiner. | |
5 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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