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# taz.de -- Umweltschutz: Walkampf kurz vorm Ablegen
> Das letzte in Bremen liegende „Sea Shepherd“-Schiff wird für den Einsatz
> auf den Färöer-Inseln repariert. Dort wartet ein Aktivist auf seinen
> Prozess.
Bild: Noch ist Sea Shepherds „Bob Barker“ nicht ausgelaufen...
BREMEN taz | Noch sind inmitten der Seeleute in Totenkopf-Shirts auf der
„Bob Barker“ die Handwerker zugange. In wenigen Tagen soll dieses letzte
der im Gröpelinger Industriehafen vertäuten Schiffe der
Tierschutzorganisation „Sea Shepherd“ in den Nordatlantik aufbrechen – um
vor den Färöer-Inseln Grindwale zu retten. Jeden Sommer treiben Boote die
Wale in die Buchten, wo am Ufer bereits die Dorfbewohner warten. Mit Haken
ziehen sie die Tiere ins seichte Wasser und töten sie dort mit dem Messer.
Diese Veranstaltungen mit Volksfest-Charakter sind fester Bestandteil der
lokalen Folklore. Und um viel mehr geht es heutzutage auch nicht mehr, denn
vor dem Verzehr des quecksilber-belasteten Walfleisches warnt selbst das
Färöer Umweltministerium.
Die Bilder der Schlachtungen gehen seit Jahren um die Welt: Das Wasser ist
blutrot, verwundete Tiere werfen sich darin umher. Mittendrin die
AktivistInnen von Sea Shepherd, die an Land versuchen, sich zwischen Mensch
und Wal zu stellen, während ihre wendigen Boote auf See versuchen, die
Treiber zu behindern. In dieser Saison ist auch der Bremer Tom Strerath auf
den Inseln – derzeit allerdings nicht ganz freiwillig. Die Dänische Marine
hat ihn auf einer Erkundungsfahrt festgenommen. Auf die erste Anhörung vor
Gericht wartet er seit Wochen vergeblich – wegen verfahrenstechnischer
Schwierigkeiten, heißt es. Sea Shepherd sieht das anders: „Wir glauben, die
wollen ein Exempel statuieren“, sagt Manuel Abraas, Deutschland-Sprecher
der Organisation.
Bei ihrer Tradition verstehen die Färöerer keinen Spaß. Ein eigenes Gesetz
bestimmt etwa eine Bannmeile um die Schlachtungen und verpflichtet sogar
Touristen, gesichtete Tiere zu melden, damit sie den Treibern nicht
entgehen. Weil sie das Brauchtum stören und es als „primitive Barbarei“
bezeichnen, wird den Tierschützern immer wieder Rassismus vorgeworfen.
Abraas lässt das nicht gelten: „Wir schützen Wale vor dem Massaker“, sagt
er, „egal, wer dafür verantwortlich ist.“ Auch gebe es durchaus auch auf
den Inseln Menschen, die Sea Shepherd unterstützen, indem sie etwa
Unterkünfte zur Verfügung stellen.
Auch bereits in diesem Jahr dabei war Rosie Kunneke aus Südafrika. Sie
wurde mit anderen AktivistInnen vorzeitig ausgewiesen und ist gerade in
Bremen auf der „Bob Barker“ angekommen. Einschüchtern lassen werde sie sich
nicht, sagt sie. Nun wartet sie mit den anderen auf die Reparatur des
Schiffes.
Benannt wurde der ehemalige Walfänger nach einem Fernsehmoderator, der den
Schiffsumbau mit fünf Millionen Dollar finanziert hat. Sea Shepherd hat das
alte Schiff wieder seetüchtig gemacht, den Bug verstärkt und ein
Hubschrauberdeck für Aufklärungsflüge aufs Heck gesetzt. Barker ist nicht
der einzige zahlungskräftige Unterstützter von Sea Shepherd. Seit die
Gruppe 1977 von Greenpeace Gründungsmitglied Paul Watson ins Leben gerufen
wurde, haben sich immer wieder Promis gefunden, die der Gruppe trotz ihres
Rufs als „Ökoterroristen“ großzügig gespendet haben.
Oder vielleicht auch gerade deswegen. Die bewusst klein gehaltene
Organisation hat sich ihr kämpferisches Image auch dadurch bewahrt, dass
sie sich der vermittelnden Lobbyarbeit, wie Greenpeace sie praktiziert,
konsequent verweigert. Das wirkt: Seit die Schiffe in Bremen angelegt
haben, stehen Fans an der Reling Schlange. Als am vergangenen Freitag in
der Innenstadt demonstriert wurde, erschienen die rund 50 UnterstützerInnen
fast komplett in schwarzen T-Shirts mit Sea Shepherds Piratenlogo.
Wichtiger noch als das Merchandise sind aber die aufwändig produzierten
Videos. In der Doku-Serie „Whale Wars“ ist Sea Shepherd bereits seit sieben
Staffeln auf dem Sender Animal Planet zu sehen – DVDs der Reihe sind in zig
verschiedenen Sprachen erhältlich.
Auch der verhaftete Bremer Tom Strerath erzählt in einem Online-Interview,
dass es vor allem die Bilder waren, die ihn zu Sea Shepherd gebracht haben.
Umweltschützer war er allerdings auch vorher: Im vergangenen Jahr war er
noch an der Bremer „Operation Sturmmöwe“ beteiligt und versuchte, eine
Vogelkolonie in der Überseestadt zu schützen. Terrorist ist er aber auch
heute nicht geworden. Anders als bei Auseinandersetzungen in der Antarktis
agiert Sea Shepherd auf den Färöer-Inseln weitgehend friedlich. Statt
Buttersäure und Rauchgranaten nutzen die TierschützerInnen dort vor allem
ihre Kameras, um die Schlachtungen zu dokumentieren. Das Blutvergießen
überlassen sie der Gegenseite.
18 Aug 2015
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
## TAGS
Sea Shepherd
Walfang
Färöer-Inseln
Japan
Japan
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