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# taz.de -- Die Wahrheit: Der Zauderlehrling
> Eigentor des Jahres: Der große Fußball-Manager Michael Preetz passt zu
> Hertha BSC wie Arsch auf Eimer, beide ergänzen sich in Perfektion.
Bild: Als Trikotaufschütttler wäre der Hertha-Manager Michael Preetz vermutli…
So wie Politiker nach einer Karriere in der ersten Reihe ins
Europaparlament, in Aufsichtsräte und Stiftungen entsorgt werden, so dürfen
auch verdiente Fußballer nach ihrer aktiven Zeit auf Posten und Aufgaben in
ihrem Stammverein hoffen. Klaus Fischer darf bei Schalke den Grüßaugust
geben, Norbert Dickel in Dortmund das Stadionmikrofon halten – und bei den
Bayern sind sowieso sämtliche Posten vom Trikotaufschüttler bis zum
Vorstandsvorsitzenden an ehemalige Elitekicker delegiert.
Bei Hertha BSC war es – Verein und Fans angemessen – lange Zeit Usus, dass
sich einstige Kicker auf eigene Kosten als Betreiber einer Kneipe oder
eines Sportfachgeschäfts verdingen. Bis man auch beim Hauptstadtklub auf
die Idee verfiel, sich mit dem immerhin siebenmaligen Nationalspieler (3
Tore!) Michael Preetz ebenfalls ein knuffiges Vereins-Maskottchen auf die
Geschäftsstelle zu holen. Dort hat man ihn nun seit sechs Jahren an der
Hacke.
## Er hat die Statur des Funkturms
Gleich in seinem ersten Jahr als Manager brachte der Mann mit der Statur
des Funkturms und dem Gesichtsausdruck der eingestürzten Kongresshalle das
Kunststück fertig, seine Leistung mit einem Abstieg als Tabellenletzter zu
krönen. Seitdem wiederholt er neben dem Platz, was er als Spieler von
Star-Ensembles wie Düsseldorf, Duisburg und Wattenscheid jahrelang
verinnerlicht hat: das muntere Auf und Ab zwischen Liga eins und zwei. In
der zurückliegenden Saison konnte Preetz seinen dritten Abstieg als
Hertha-Manager in sechs Jahren nur aufgrund des besseren Torverhältnisses
gegenüber dem HSV verhindern.
Michael Preetz und Hertha – das passt wie Arsch auf Eimer: Hier ergänzen
sich Ideen-, Visions- und Ratlosigkeit geradezu in Perfektion. Bei der Wahl
zwischen zwei Trainern entscheidet sich der Hertha-Manager garantiert für
den falschen; mit dem nunmehr siebten Übungsleiter in sechs Jahren –
darunter so illustre Namen wie Otto Rehhagel, Michael Skibbe und Friedhelm
Funkel – hat Preetz das Konzept des Interimstrainers zum Status quo
erhoben. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass sich auch
Stimmungskanone Pal Dardai bald wieder um die Vibes in der ungarischen
Nationalmannschaft kümmern darf.
Bei der Verpflichtung von Stürmern scheint der Hertha-Manager vor allem
darauf zu achten, dass sie ihm die Krone als Rekordtorjäger nicht streitig
machen; dafür denkt man beim zweimaligen Deutschen Meister von anno
dunnemals gerade über die Verpflichtung eines fünften Torhüters nach: Denn
hinten, so weiß der ehemalige Stürmer aus eigener Erfahrung, werden Spiele
nicht gewonnen.
## Legendäre kommunikative Fähigkeiten
Die alte Tante Tagesspiegel warf Preetz kürzlich in einem großen Porträt
Halbherzigkeit und Zögern vor: Sein Zaudern sei eine Mischung aus ehrlicher
Gutmütigkeit, Naivität und nackter Verzweiflung. Noch legendärer sind nur
die kommunikativen Fähigkeiten des Mannes, der in Interviews immer so
aussieht, als würde er gerade ein ungemein dringendes Geschäft erledigen.
Als im April 2012 Preetz‘ zweiter Abstieg als Manager drohte, führte er auf
der Vereins-Homepage ein Interview mit sich selbst, was selbst die nicht
gerade für ihre Seriosität bekannte Hauptstadtpostille B.Z. zu der
Überschrift „Preetz‘ Gaga-Brief an die Fans“ inspirierte. Und auf das
bereits erwähnte Porträt des Tagesspiegels reagierte Preetz kürzlich mit
einer Gegendarstellung voller Rechtschreib- und Grammatik-Fehler, die so
originell ist, dass wir sie hier in fast voller Pracht zur Geltung bringen
wollen:
„In ,Der Tagesspiegel‘ vom 02.03.2015, Seite 3 unter der Überschrift
,Schuld und Schicksal‘ schreiben Sie über mich:
1. Im Zusammenhang mit ein Gespräch, das ich mit dem Autor des Artikels im
Jahr 2012 geführt haben, dass ich damals: ,nachts wach lag und über Schuld
und Schicksal grübelte.‘
Hierzu stelle ich fest: Diese Behauptung ist falsch.“
2. …
3. Schließlich zitieren Sie andere, die ,noch heute‘ zu meinem ,engsten
Mitarbeiter-Kreis gehören‘ sollen, über mich wie folgt: ’… aber er zög…
zu oft zu lange.‘ Hierzu stelle ich fest: Keiner meiner ,engsten
Mitarbeiter‘ hat sich wie zitiert geäußert.“
Michael Preetz hat recht: Es hat nie jemand irgendetwas Schlechtes über ihn
gesagt, gedacht oder auch nur vermutet. Und Hertha BSC steigt nie wieder
ab.
4 Aug 2015
## AUTOREN
Philip Meinhold
## TAGS
Zeitgeschichte
Jürgen Todenhöfer
Deutschland
Leipzig
Die Linke
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