| # taz.de -- Kolumne Funk und Fernsehen: ICH! WILL! IN! DEINEN! KOPF! | |
| > Schreien und Stöhnen – so funktioniert Radiowerbung. Erst jetzt | |
| > untersuchen WissenschaftlerInnen, ob das überhaupt effektiv ist. | |
| Bild: Hauptsache Aufmerksamkeit: Das rote Pferd wirbt für einen Reitsportzubeh… | |
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| Radiowerbung aber funktioniert genau so. Erst seit Kurzem beschäftigen man | |
| sich überhaupt damit, wie effektiv das ist – und wie man Radiowerbung | |
| verbessern könnte. „Spots zum Hinhören: Eine forschungsbasierte Anleitung | |
| zur Gestaltung erfolgreicher Radiowerbung“, so heißt ein Artikel in einem | |
| Branchenblatt. | |
| Das irritiert mich: Da beschäftigt sich die Marktforschung mit den | |
| kuriosesten Dingen. Etwa, ob die Menschen das Blau der Niveadose auch | |
| tatsächlich mit Nivea in Verbindung bringen, welche Aha-Erlebnisse Kunden | |
| beim Autokauf haben und warum die Deutschen in Sachen Second Screen eher | |
| „Social-Media-Muffel“ sind. | |
| Aber wie wirksam Radiowerbung ist, das erforschen die WissenschaftlerInnen | |
| jetzt erst? Dabei dürfte das doch gar nicht so schwer sein. Ein Werbeblock | |
| im Radio reicht aus, um zu merken, was schiefläuft. Hier eine kleine | |
| Auswahl der Radiowerbung aus der Hölle: | |
| ## Supersamstage und Tauschrausch | |
| „Der Lidl-Supersamstag. Ein Kilo Pfirsiche für nur 49 Cent. Nur beim | |
| Lidl-Supersamstag. Falls Sie’s nicht glauben können, noch einmal: Ein Kilo | |
| Pfirsiche für nur 49 Cent beim Lidl-Super-Samstag!“ Oder: „Hey cool, ihr | |
| habt ja einen neuen Opel? Ja, Papa war im Tauschrausch! Tauschrausch bei | |
| Opel!“ Noch einer? „Endlich geht beides: Fremdgehen und Treubleiben! | |
| Unseren Klassiker Warsteiner Premium Pilsener gibt es jetzt in zwei | |
| Varianten!“ | |
| Auch schön: „Natürlich liebe ich Sonne, Wärme, Strand. Aber mein absoluter | |
| Höhepunkt des Sommers ist immer noch der Summer Sale der Designer-Outlets | |
| Wolfsburg!“ Einen noch: „Manche Menschen sind sich nicht grün. Oder grün | |
| hinter den Ohren. Oder grün unter der Nase. Dabei gibt es nichts schöneres | |
| als GRÜN, GRÜN, GRÜN! So wie die neuen Gläser von Coca-Cola!“ Na dann, | |
| Prost. | |
| Ich verstehe das nicht. Warum muss ich mich aus meinem Küchenradio heraus | |
| anbrüllen lassen, als sei ich schwerhörig, doof oder dement? Schon klar: | |
| Die Werbeprospekte der Elektromärkte und Discounter sind auch nicht gerade | |
| dezent. Aber die werfe ich auch ungelesen in den Müll. Warum muss das, was | |
| da mit Blitzen, Sternen und fünf Ausrufezeichen jede Woche angepriesen | |
| wird, in genauso aggressiver Form ins Radio? | |
| ## Irgendwann schreie ich zurück | |
| Ich hab nichts gegen Werbung, immerhin macht sie einen Teil meines Gehalts | |
| aus. Und manche Werbung mag ich sogar: Kinowerbung, für Eis zum Beispiel. | |
| Und auch Zeitschriften und Zeitungen haben manchmal geschmackvolle | |
| Anzeigen, die ich nicht einfach überblättere. Aber im Radio gibt es nur | |
| Schreien und Stöhnen. | |
| Von meinen Eltern habe ich sehr früh gelernt, dass ich meinen Willen nicht | |
| kriege, wenn ich schreie. Wer angeschrien wird, stellt sich taub. Dass | |
| Schreien nicht hilft, ist auch das Ergebnis der eingangs erwähnten Studie. | |
| Liebe Werbeagenturen, gebt euch ein bisschen Mühe. Sonst schreie ich | |
| irgendwann zurück. | |
| 31 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
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