Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Regierungkrise in Brasilien: Die Präsidentin strauchelt
> Die Koalitionsparteien torpedieren ihre Politik, die Opposition sieht sie
> am Ende, ein Korruptionsskandal schadet dem Ansehen Rousseffs.
Bild: Noch rollt die Präsidentin munter durch die Gegend. Vielleicht bald ohne…
Rio de Janeiro taz | Das Wort „Putsch“ bestimmt die politische Debatte in
Brasilien. „Nein, ich werde nicht stürzen“, wiederholte Präsidentin Dilma
Rousseff zuletzt am Freitag. Sie werde die vier Regierungsjahre
durchhalten.
Die Opposition macht keinen Hehl daraus, dass für sie das Ende der
Regierung Rousseff unmittelbar bevorsteht. Täglich wird die wirtschaftliche
und die politische Krise beschworen, unisono kommentieren die Medien eine
Handlungsunfähigkeit der Präsidentin.
Dilma Rousseff, die erst im Oktober für eine zweite Amtszeit gewählt wurde,
ist fürwahr nicht zu beneiden. In Umfragen sank ihre Beliebtheit gerade auf
einen neuen Tiefstpunkt, nur noch 9 Prozent der Brasilianer bewerten ihre
Regierungsarbeit mit „gut“ oder „sehr gut“.
Am meisten schadet ihrem Ansehen der Korruptionsskandal um den
halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras. Im Zuge der Ermittlungen wurden
bereits mehrere Manager zu Haftstrafen verurteilt. Auch gegen rund 50
Abgeordnete und Senatoren wird ermittelt. Die Vermutung: Überteuerte
Aufträge, die Petrobras an große Bauunternehmen vergab, brachten Parteien
und Politikern der Regierungskoalition illegale Einnahmen in
Milliardenhöhe.
Rousseff wird auch für den Abschwung der Wirtschaft verantwortlich gemacht.
Die Inflation von fast 10 Prozent ist schon beim täglichen Einkauf spürbar,
die Arbeitslosigkeit nimmt weiter zu und das Wachstum stagniert. Dass die
weltweite Krise und damit die sinkende Nachfrage nach brasilianischen
Exporten einen großen Anteil an den Problemen hat, streiten die Kritiker
der Regierungspolitik ab.
## Die Rechte ist zerstritten
Die Konservativen dankten Rousseff auch nicht, als sie klassisch
neoliberale Rezepte zur Besserung der Lage beschloss. Dafür brachte sie
aber mit einem Sparpaket Teile der eigenen Basis und der Gewerkschaften
gegen sich auf. Sie kreiden Rousseff an, die Kosten zur Sanierung der
Staatsfinanzen nur auf die Schultern der Arbeiter und der sozial Schwachen
zu verteilen.
Die Kritik von links ist nur ein Aspekt der politischen Krise. Teile der
Koalitionsparteien, insbesondere der rechte Flügel des größten Partners,
der PMDB, betreiben offen Oppositionspolitik und torpedieren
Gesetzesprojekte der Regierung. Sie verabschieden realitätsferne
Gehaltserhöhungen bestimmter Berufsgruppen oder Rentenanpassungen, die den
Haushalt auf Jahre hinaus mit zusätzlichen Milliardenausgaben belasten
würden. Damit zwingen sie Rousseff, ihr Veto einzulegen, und profilieren
sich dann selbst als großzügige Geber.
Ostentativ diskutieren Oppositionspolitiker wie Medien drei Szenarien für
einen Regierungswechsel: ein formales Amtsenthebungsverfahren wegen
Verwicklung in den Petrobras-Skandal, eine Abmahnung durch den Rechnungshof
aufgrund finanzieller Unregelmäßigkeiten während ihrer ersten Amtszeit oder
eine Verurteilung durch das Oberste Wahlgericht wegen illegaler
Wahlkampffinanzierung.
Einziger Trost für Rousseff ist, dass die Rechte zerstritten ist. Die PSDB
ist in zwei Flügel gespalten, die sich gegenseitig lähmen, wenn es um
Übernahmeszenarien geht. Sie will zugleich verhindern, dass die PMDB bei
einer Auflösung der Regierungskoalition das höchste Staatsamt an sich
reißt.
13 Jul 2015
## AUTOREN
Andreas Behn
## TAGS
Schwerpunkt Korruption
Regierung
Brasilien
Dilma Rousseff
Evangelikale
Schwerpunkt Korruption
Brasilien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Opposition in Brasilien: Rechtsruck mit Bibel, Blei und Bullen
Totales Abtreibungsverbot, Verschärfung des Strafrechts, mehr Land für
Großgrundbesitzer: Die Regierung schwächelt, die Konservativen freut's.
Erneut Proteste in Brasilien: Massen gegen die Präsidentin
Regierungsgegner in Brasilien haben für Sonntag erneut zu Protesten in
Hunderten Städten aufgerufen. Sie fordern ein Amtsenthebungsverfahren gegen
Dilma Rousseff.
Debatte Brasiliens Regierung: Der Fluch der Präsidentin
Massenprotest, Inflation, ein Korruptionsskandal: Dilma Rousseff ist
angeschlagen. Nur bietet die Opposition keine Alternative außer
neoliberalen Dogmen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.