# taz.de -- Halbfinale in Wimbledon: Elf Jahre ohne Sieg | |
> Mit 17 Jahren gewann Maria Scharapowa gegen Serena Williams in Wimbledon, | |
> seitdem nicht mehr. Im Halbfinale soll dies nun anders werden. | |
Bild: Maria Sharapova beim WTA-Tennisturnier im April 2015 in Stuttgart. | |
LONDON taz | Die Bilder sind noch präsent. Wie sie damals, vor elf Jahren, | |
nach ihrem Sieg auf die Knie sank, die Hände vors Gesicht schlug und einen | |
Moment lang in dieser wie in Mamor modellierten Pose verharrte; wie sie | |
einen Mann vom Ordnungsdienst fragte, weil sie den Weg hinauf zu ihrem | |
Vater in der Spielerbox zuerst nicht fand; wie sie noch vor der | |
Siegerehrung auf ihrem Stuhl saß und versuchte, ihre Mutter daheim in | |
Florida mit dem Handy zu erreichen. | |
Es war der Tag, an dem Maria Scharapowa wie eine Supernova in der Welt des | |
Frauentennis erschien und mit 17 Jahren den Titel in Wimbledon gewann. Aber | |
es ging ja nicht nur darum, dass sie diesen berühmtesten aller Titel | |
gewann, sondern wie sie es tat. Sie drängte Serena Williams, die auf diesem | |
Platz bis dahin drei Jahre lang kein Spiel verloren hatte, an die Wand; | |
Williams wirkte nervös, nicht die sibirische Prinzessin beim glanzvollen | |
Debüt. Scharapowa gewann 6:4, 6:1. | |
Kaum zu glauben, aber in den elf Jahren seither begegneten sich die beiden | |
nur noch ein einziges Mal auf diesem Platz –im Finale des olympischen | |
Tennisturniers 2012. Diesmal hatte Scharapowa nicht den Hauch einer Chance | |
und verlor 0:6, 1:6; es war die deutlichste Niederlage in der nun mehr als | |
ein Jahrzehnt dauernden gemeinsamen Geschichte der beiden schillerndsten | |
Figuren des Frauentennis. | |
Angesichts all der Juwelen in Scharapowas Karriere – fünf Grand-Slam-Titel | |
und insgesamt 15 Wochen an der Spitze der Weltrangliste – ist es ebenso | |
kaum zu glauben, dass sie nach dem Sieg im Finale 2004 nur noch ein | |
einziges Spiel gegen die Amerikanerin gewann, ein paar Monate danach bei | |
den WTA Championships in den USA. Zwei Siege in 19 Spielen, der letzte vor | |
elf Jahren – eine verheerende Bilanz. | |
## Mehr riskiert als nötig | |
Vor der 18. Begegnung zu Beginn dieses Jahres im Finale der Australian Open | |
hatte Scharapowa gesagt, sie habe inzwischen eine Ahnung, weshalb sie so | |
oft so klar verloren habe; Williams’ Kraft und Aggressivität hätten sie | |
selbst immer ein wenig zu aggressiv gemacht, meinte sie. Vielleicht habe | |
sie dabei mehr riskiert, als nötig gewesen sei. | |
Im Finale gewann sie zwar auch wieder keinen Satz, aber die beiden spielten | |
auf einem Niveau. Sie boten den Zuschauern in der Rod Laver Arena ein | |
Spektakel von höchsten Graden, mit Gebrüll und einer gefühlten | |
Spieltemperatur von hundert Grad. | |
Williams schlug 18 Asse – viel weniger sind es selten. Scharapowa sagte | |
hinterher, da könne sie einfach nicht mithalten, das lasse ihre mehrmals | |
operierte Schulter nicht zu. | |
Beim Sieg im höchst spannenden Viertelfinale gegen Wiktoria Asarenka waren | |
es 17. Die Begegnung endete mit einer sehr herzlichen Umarmung, denn die | |
beiden mögen sich. Das wird es am Donnerstag nach dem Halbfinale sicher | |
nicht geben; Scharapowa und Williams stehen sich so nahe wie Nordpol und | |
Sahara. | |
Williams hat bereits ihre Vorfreude auf das Duell zum Ausdruck gebracht, | |
und auch die amerikanische Russin freut sich trotz der schlechten Bilanz | |
gewiss auf die Herausforderung; Wimbledon ist für Scharapowa mit so vielen | |
Erinnerungen verbunden, die sie für den Rest ihres Lebens begleiten werden. | |
Als sie gefragt wurde, was man empfinde, wenn man die berühmte Trophäe mit | |
all den Namen der Siegerinnen in den Händen halte, meinte sie: „Na ja, ich | |
habe diese Namen ja schon eine Weile nicht mehr gesehen, weil ich die | |
Schale seit vielen Jahren nicht mehr halten durfte. Aber ich weiß, dass | |
mein Name darauf ist, und irgendwann werde ich meinen Kindern erzählen | |
können, dass Mommy mal in Wimbledon gewonnen hat. Ich habe den Beweis, er | |
steht auf der Trophäe.“ Aber das würde sie zu gern noch mal aus der Nähe | |
kontrollieren, elf Jahre nach dem großen Sieg. | |
9 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Doris Henkel | |
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