# taz.de -- Tennisturnier von Wimbledon: Geldmaschine auf Rasen | |
> Die Veranstalter von Wimbledon erwirtschaften mit dem anachronistisch | |
> wirkenden Turnier prächtige Gewinne. Vor allem in Asien. | |
Bild: Entscheidend ist aufm Platz: Aufräumarbeiten in London. | |
LONDON taz | Wenn der TV-Oberkommentator John McEnroe morgens im Bentley | |
zur beinahe noch menschenleeren Anlage des All England Club vorgefahren | |
wird, dann spürt der ehemalige Oberflegel und Schreck aller Autoritäten | |
mehr denn je „die Liebe zu diesem grandiosen Tennis-Schauplatz“. | |
Dem dreimaligen Sieger der Offenen Englischen Meisterschaften geht „das | |
Herz auf“, wenn er die penible Pflege der Rasenplätze beobachtet, die | |
holzvertäfelten Siegergalerien, das neue Wimbledon-Museum oder auch die | |
modernste Infrastruktur für Profis und internationalen Medientross. „Viel | |
haben sie hier nicht falsch gemacht“, sagt der einst in Wiesbaden geborene | |
McEnroe, der sich früher an den Konventionen Wimbledons rieb und sie heute, | |
im reifen Alter, zu schätzen weiß. | |
Die mythische Grünanlage im Südwesten der englischen Kapitale ist | |
zweifellos das idyllischste Tennisfleckchen der Welt, ein Theater der | |
Träume für immer neue Generationen von Profispielern. Doch an der Church | |
Road kommt Jahr für Jahr auch eine gewaltige Geldmaschine ins Rollen, die | |
dem traditionsreichsten Tennisklub der Welt prächtige Geschäfte beschert. | |
„Wimbledon ist eine Sportveranstaltung, die auf einem stabilen Fundament | |
steht. Wir sind ein sehr profitables Unternehmen“, sagt Phil Brook, der | |
Chef des All England Club, der die Topposition übernahm, als gerade das | |
Abenteuer einer Centre-Court-Überdachung erfolgreich überstanden war. Auch | |
für dieses atemberaubende Einzelprojekt der langjährigen Modernisierung der | |
Turnieranlage wurde kein einziger Pence an Steuergeldern eingesetzt, den | |
finanziellen Kraftakt mit rund 100 Millionen Euro Baukosten stemmten die | |
Wimbledon-Macher vor allem über den Verkauf von exklusiven Ticketrechten. | |
## Hohe Einschaltquoten | |
Früher als viele Veranstalter und internationale Verbände hatte Wimbledon | |
auch vor mehr als einem Jahrzehnt seine Fühler auf Wachstumsmärkte in Asien | |
und Südamerika ausgestreckt. Während anderswo noch Expansionspläne in den | |
Schubladen schmorten, eröffnete der All England Club bereits Shops in | |
China, Thailand oder Singapur. „Nirgendwo ist Wimbledon so beliebt wie in | |
den Schwellenländern in Asien“, sagt der frühere Wimbledon-Topmanager | |
Christopher Gorringe, „dort haben wir Einschaltquoten bei Spielen mit | |
nationaler Beteiligung von über 50 Prozent.“ | |
Die Matches einer Spielerin wie der Chinesin Li Na verfolgen in deren | |
Heimat bis zu 100 Millionen Menschen, kein Wunder, dass der All England | |
Club in dem Reich der Mitte noch flächendeckender seine exklusiven | |
Bekleidungslinien und Geschenkartikel verkaufen will. | |
Wimbledon wirkt einerseits wie ein einziger Anachronismus, da es auch in | |
diesen Zeiten der totalen Vermarktung von Sportevents auf reißerische | |
Werbebanden verzichtet und auch die Spieler anhält, weiter im „überwiegend | |
weißen Dress“ (predominantly white) ans Handwerk zu gehen. Doch die Wahrung | |
des Mythos können sich die Gralshüter mühelos leisten, da sie mit dem | |
Verkauf von Lizenzen, Fernsehrechten und dem Merchandising auch auf der | |
Anlage selbst jährlich einen Reingewinn von bis zu 35 Millionen Euro | |
einstreichen – mal etwas weniger, mal etwas mehr. | |
## „Unfähige Verbandsmanager“ | |
Bei den TV-Rechten gab es vorübergehend zwar einen kräftigen Einbruch, weil | |
die einst so generösen deutschen Fernsehpartner als Geldquelle ausfielen – | |
aber längst sieht die Bilanz dank Geldern aus Asien und Osteuropa wieder | |
viel freundlicher aus. Auch der Finanzkrise hat Wimbledon mühelos getrotzt: | |
Auf Jahre hinaus seien die Sponsorenpakete für Unternehmen ausgebucht, die | |
den Tennisschauplatz zur exklusiven Kundenpflege nutzen, sagt | |
Geschäftsführer Richard Lewis, „wir haben hier nichts von Rezession | |
gespürt.“ | |
Die Grand-Slam-Veranstalter in Paris oder New York können nur neidisch nach | |
Wimbledon schauen, wo auf dem nun überdachten Centre Court endlich auch | |
eine größere Veranstaltungssicherheit gewährt werden kann. Erstaunlich ist | |
indes, dass der britisches Tennisverband es nicht versteht, vom | |
florierenden Wimbledon-Unternehmen zu profitieren. Fast eine halbe | |
Milliarde Euro überwiesen die Turniermacher in den letzten 20 Jahren an die | |
Lawn Tennis Association, doch nur zwei internationale Stars (Henman, | |
Murray) und viele, viele Mitläufer produzierte das Fördersystem. | |
„Wo bleibt der Tennisaufschwung“, fragte vor einiger Zeit die Times und | |
kanzelte die „unfähigen Verbandsmanager“ ab. Auch Altmeister Henman wundert | |
sich: „Wir haben 3 Millionen Fußballspieler, 5 Millionen Schwimmer, aber | |
nur rund 50.000 bis 60.000 Tennisspieler“, sagt er, „das ist doch | |
unglaublich.“ | |
3 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Jörg Allmeroth | |
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