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# taz.de -- Kritik am Premium-Partner der ITB: Diktatur mit Messestand
> Die Malediven sind Stargast bei der nächsten Internationalen
> Tourismusbörse in Berlin. Im Bundestag formiert sich jetzt Widerstand.
Bild: Trügerisches Idyll: Ein Traumstrand auf den Malediven.
Berlin taz | Für Ende Juli sind noch Last-Minute-Pakete im Angebot. Dieses
hier zum Beispiel: Flug ab München, kostenloser Transfer zum Ressort auf
einer 600 Meter langen Privatinsel, 15 Übernachtungen im Standardzimmer.
Das hauseigene Korallenriff und der Spa-Bereich sind inklusive. Wer schnell
bucht, zahlt pro Person 1.564 Euro – für die Malediven ein Schnäppchen.
Der Tourismus ist für den Inselstaat die Haupteinnahmequelle. Der deutsche
Markt ist dabei besonders wichtig: Von 1,2 Millionen Gästen im vergangenen
Jahr kamen über 100.000 aus Deutschland. Im kommenden Jahr will die Branche
noch einmal zulegen und setzt dabei auf Hilfe aus Berlin. Dort findet jeden
März die weltgrößte Reisemesse statt. Auf der Internationalen
Tourismus-Börse (ITB) 2016 stehen die Malediven als offizielles Partnerland
im Mittelpunkt.
Eine Partnerschaft, die nicht allen passt. „Touristen müssen erfahren, was
auf den Malediven wirklich los ist. Das Land entfernt sich mit
Sieben-Meilen-Stiefeln von der Demokratie“, sagt der grüne
Bundestagsabgeordnete und Außenpolitiker Omid Nouripour.
Tatsächlich sind die Verhältnisse abseits der streng abgeschotteten
Hotelinseln wenig paradiesisch: 2012 putschten Sicherheitskräfte gegen den
demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Nasheed. Im März verurteilte
ihn ein Gericht zu 13 Jahren Haft, weil er während seiner Amtszeit einen
korrupten Richter hatte verhaften lassen. Amnesty International spricht von
einem „politisch motivierten Prozess“.
Die Menschenrechtsorganisation prangert noch mehr Missstände an: Die neue
Regierung schränke die Meinungsfreiheit ein, Oppositionelle erhielten
Todesdrohungen, außer dem sunnitischen Islam dürfe keine Religion
öffentlich ausgeübt werden. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es: „Für die
junge Republik Malediven bleibt die Herausbildung stabiler demokratischer
und rechtsstaatlicher Strukturen weiterhin eine große Herausforderung.“
## Schiefes Bild vom Urlaubsparadies
Und das, so der Grünen-Politiker Nouripour, dürften auch die
Messeveranstalter nicht ignorieren. „Wir müssen von Deutschland aus
kritische Gespräche suchen, anstatt auf Messen weiterhin das Bild eines
Urlaubsparadieses zu zeichnen.“ Die Verantwortlichen müssten hinterfragen,
ob sich die Malediven als Partnerland eigneten. Im Zweifel müsse sich die
Bundesregierung einschalten.
Das Außenministerium möchte diese Forderung jedoch nicht kommentieren, und
die Messe Berlin (Eigentümer ist das Land Berlin) hält an ihrer Partnerwahl
fest. Eine Sprecherin sagt, die ITB sei keine politische, sondern eine
neutrale Plattform. Außerdem habe die Messe den Ethikkodex der
Tourismusorganisation UNWTO unterschrieben, eine Art Selbstverpflichtung zu
nachhaltigem Reisen. „Damit schärfen wir das Bewusstsein für die Bedeutung
von Menschenrechten in der internationalen Reiseindustrie – auch bei
unseren Ausstellern.“
Ein Anspruch, der im Bundestag auf Skepsis stößt. „Wenn tatsächlich auch
Aspekte wie die Menschenrechtssituation angesprochen werden, ist das eine
gute Sache. Bisher ist die Messe nicht für kritische Stellungnahmen
bekannt“, sagt Nouripour.
Unterstützung bekommt er von Klaus Brähmig (CDU), langjähriger Vorsitzender
des Tourismusausschusses. Er wolle nicht zum Boykott aufrufen oder
politisch korrekte Reiseempfehlungen abgeben. Aber er sagt: „Wenn die
deutsche Reisbranche den Ethikkodex unterschrieben hat, sollte sie
konsequent sein und die Messe zum Ort für umfassende Informationen machen.
Dazu gehören auch Fragen nach Menschenrechten oder Religionsfreiheit.
Partner dürfen sich die Wahrheit sagen, dann können der Tourismus und das
Reiseland nur gewinnen.“
14 Jul 2015
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Tourismus
Messe
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ITB
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