# taz.de -- Kommentar Post-Streik: Fast schon eine Kapitulation | |
> Das Einlenken von Verdi ist nach dem Ende des Kitastreiks die nächste | |
> Pleite. Jetzt gibt es Postzusteller erster und zweiter Klasse. | |
Bild: Die Verdi- und die Postvertreterin haben sich geeinigt. Freude sieht ande… | |
Der Ausstand ist beendet, es bleibt der Frust. Viele Postmitarbeiterinnen | |
und -mitarbeiter fragen sich, wofür sie die vergangenen Wochen eigentlich | |
gestreikt haben. Denn was die Gewerkschaft Verdi mit dem Postvorstand | |
ausgehandelt hat, gleicht einer Kapitulationserklärung. Nach dem | |
desaströsen Ende des Kitastreiks nun also die nächste Pleite. | |
Erneut enttäuscht die Gewerkschaft ihre Mitglieder. Freuen können sich | |
hingegen die Aktionäre: Der Postvorstand kann an seinen aberwitzigen | |
Renditezielen festhalten – auf Kosten der Beschäftigten. Die Postaktie | |
machte direkt einen Freudensprung. | |
Es war ein Abwehrkampf gegen die Profitsucht des Konzerns – und Verdi hat | |
ihn verloren. | |
Erklärtes Ziel der Gewerkschaft war es, die Flucht der Post aus dem | |
Haustarifvertrag zu verhindern. Deshalb sollten die Anfang des Jahres neu | |
geschaffenen 49 Regionalgesellschaften für die Paketzustellung, in denen | |
ein bis zu 20 Prozent niedrigerer Stundenlohn gezahlt wird, aufgelöst und | |
die dort Beschäftigten wieder eingegliedert werden. Jetzt hat Verdi | |
akzeptiert, dass es Paketzusteller erster und zweiter Klasse bei der Post | |
gibt. | |
Was Verdi dafür bekommen hat? Sehr wenig. Der Lohnabschluss bleibt deutlich | |
hinter denen in anderen Branchen zurück – und das, obwohl der ehemalige | |
Staatsbetrieb Milliardengewinne schreibt. Die geforderte | |
Arbeitszeitverkürzung fällt ganz aus. Immerhin gibt es eine Verlängerung | |
des Kündigungsschutzes für die nächsten vier Jahre. | |
Das ist allerdings auch nur ein Jahr mehr, als es die Post von sich aus | |
schon vor dem Ausstand angeboten hatte. Eines einmonatigen Streiks hätte es | |
für dieses Ergebnis nicht bedurft. | |
Der Postvorstand hat mit harten Bandagen gekämpft, um Verdi kleinzukriegen. | |
Sein Kalkül ist aufgegangen, weil der Gewerkschaftsführung jener lange Atem | |
gefehlt hat, um diesen Arbeitskampf zu bestehen. Das ist eine Erkenntnis, | |
die nicht nur für die Beschäftigten der Post bitter ist. | |
6 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
## TAGS | |
Post AG | |
Verdi | |
Zusteller | |
Streik | |
Post | |
Streik | |
Post AG | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Poststreik in Deutschland: Verdi will wieder verhandeln | |
Nach drei Wochen Ausstand ist die Gewerkschaft zu neuen Gesprächen mit der | |
Post bereit. Das heißt aber nicht, dass Pakete und Briefe wieder geliefert | |
werden. | |
Der Poststreik geht in die dritte Woche: „Täglich wächst der Druck“ | |
Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis wirft der Arbeitgeberseite vor, | |
ausschließlich Kapitalmarktinteressen zu bedienen. | |
Kommentar Poststreik: Die Bürde der Boten | |
Verdi nutzt seine Streikmacht, doch es bleibt ein reiner Abwehrkampf. | |
Entscheidend wäre, den Druck auf die Post-Konkurrenz zu erhöhen. |