# taz.de -- Gespräche mit Taliban in Afghanistan: Ohne Kupfer kein Frieden? | |
> Afghanistans neuer Bergbauminister gefährdet das chinesische Engagement | |
> im Kupferabbau. Es könnte um Gespräche mit den Taliban gehen. | |
Bild: Ein Blick auf den alten Tempel in Mes Aynak, der die Kupfermine in der Pr… | |
BERLIN taz | Das ist ein Paukenschlag: Afghanistans neuer Bergbauminister | |
Daud Schah Saba – ein Geologe und Vertrauter von Präsident Aschraf Ghani – | |
hat eines der wichtigsten Projekte in Frage gestellt, das dem stark von | |
externen Geldern abhängigen Land dringend benötigte Einnahmen bringen soll. | |
Die geplante Kupfermine in Ainak in der Provinz Logar bei Kabul, die im Mai | |
2008 an ein Konsortium chinesischer Staatsfirmen vergeben wurde, sei „nicht | |
im Interesse des Landes“, sagte Saba kürzlich im Parlament. Jedenfalls | |
nicht so, wie es umgesetzt werde. | |
Die afghanische Regierung hoffte, jährlich bis zu 400 Millionen Dollar zu | |
erzielen. Die China Metallurgical Group (CMG) wollte drei Milliarden in das | |
Bergwerk investieren. Es sollte mit einer Eisenbahn an die „neuen | |
Seidenstraße“ aus Fernstraßen, Zugstrecken und Pipelines angeschlossen | |
werden, die chinesischen und amerikanischen Pläne zufolge auch Afghanistan | |
an die Märkte der Region und der Welt anbinden sollen. | |
Saba kritisierte, seit Vertragsabschluss habe es keine | |
Vorbereitungsarbeiten zu dem Projekt gegeben. CMG habe nicht einmal ein | |
Büro in Kabul eröffnet. Eine Machbarkeitsstudie sei überhaupt erst nach | |
fünfeinhalb Jahre vorgelegt worde, Umwelt- und Sozialfolgen seien | |
unberücksichtigt geblieben. CMG habe zudem die meisten eingegangenen | |
Verpflichtungen für nicht umsetzbar erklärt. Saba deutete an, Kabul könne | |
sich neue Vertragsparter suchen, sollten Gespräche mit CMG nicht fruchten. | |
## Ruinen eines buddhistischen Klosters | |
Sabas Kritik ist berechtigt. Für Ainak war ein Produktionsbeginn innerhalb | |
von fünf Jahren vereinbart gewesen. Von dem Kraftwerk, das Energie für die | |
Erzschmelze und einen Industriepark liefern soll, ist bisher ebenso wenig | |
zu sehen wie von der Eisenbahn an die Grenze zu Pakistan oder von den | |
erwarteten bis zu 4.000 Jobs für Afghanen. | |
Im Gegenzug hielt CMG der Regierung in Kabul vor, dass sie nicht wie | |
zugesichert bestimmte Chemikalien für die Erzgewinnung bereit gestellt | |
habe. CMG will den Vertrag deshalb neu verhandeln. Unabhängig überprüfen | |
lassen sich Vertragsdetails nicht, da der Vertrag nie veröffentlicht wurde. | |
Den Chinesen kam recht, dass in Ainak die Ruinen eines buddhistischen | |
Klosters „entdeckt“ wurden (es war schon vorher bekannt). Großzügig | |
gewährte man Archäologen Zugang zur Erforschung und Bergung von Relike, | |
womit Verzögerungen begründet werden sollten. Doch vor allem verhindert die | |
prekäre Sicherheitslage das Projekt. Bei Ainak und entlang möglicher | |
Bahntrassen sind Aufständische aktiv. Dörfer bei Ainak, die noch vor einem | |
Jahr zugänglich waren, sind das inzwischen nicht mehr. | |
Auch politische Interessen sind im Spiel. Interessengruppen in den USA | |
bemängeln, dass die Aufträge für Filetstücke des afghanischen Bergbaus | |
nicht an US-Firmen gingen, obwohl doch die Amerikaner Blut für das neue | |
Afghanistan vergossen hätten. | |
Politisch könnte Kabuls Offensive in Sachen Ainak-Vertrag sehr | |
kontraproduktiv sein. Präsident Ghani hat in den ersten Monaten seiner | |
Amtszeit versucht, Chinas Unterstützung für Verhandlungen mit den Taleban | |
zu gewinnen. Er hoffte, dass Peking Pakistan und dessen Geheimdienst | |
bewegen könne, die von ihnen protegierten Taliban zu Gesprächen mit Kabul | |
zu drängen. | |
## Neuvergabe des Ainak-Vertrages | |
Dafür unterschrieb Ghani ein Sicherheitsabkommen, in dem er China zusagte, | |
dessen Kampf gegen uighurische „separatistische Terroristen“ zu | |
unterstützen. Ghani lieferte laut Medienberichen auch einige Uighuren an | |
China aus und befürwortete dessen „Ein-China-Politik“ in Sachen Taiwan und | |
Tibet. | |
Peking regte ein „Friedens- und Versöhnungsforum“ an, an dem sich | |
Afghanistan, Pakistan, China und die Taliban beteiligen sollten. Zuletzt | |
trafen sich in Urumqi Taliban-Vertreter mit dem Kabuler Chefunterhändler | |
und Vertretern des pakistanischen Geheimdienstes zu Gesprächen. | |
In diesem Kontext dürfte eine Neuvergabe des Ainak-Vertrags das Verhältnis | |
zu Peking belasten, selbst wenn die afghanische Regierung wegen | |
Nichterfüllung vertraglicher Abmachungen im Recht ist. Aber vielleicht | |
pokert die afghanische Regierung auch nur und hofft, mit den Chinesen neue | |
Modalitäten auszuhandeln und so endlich einen verstärkten Geldfluss in Gang | |
setzen zu können. | |
11 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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