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# taz.de -- Personalmangel im Frauengefängnis: Kaum Komfortverlust
> 200 Frauen sitzen in vier Berliner Gefängnissen ein. Eins davon, der
> Knast Pankow, wird geschlossen. Die Inhaftierten finden das gar nicht
> gut.
Bild: Einzug in vier Wänden.
„Macht die Knäste zu“, fordern linke Möchtegern-Revolutionäre seit
Ewigkeiten. Im Jahr 2015 geht das in Erfüllung – zumindest teilweise.
Paradoxerweise sind es ausgerechnet die Konservativen, die die ausgeprägte
Berliner Gefängnislandschaft dezimieren. Am 15. Juli wird die
Frauenhaftanstalt Pankow zugemacht.
Der Knast Pankow in der Arkonastraße ist einer von vier Gefängnisstandorten
für Frauen. 54 von insgesamt 200 weiblichen Berliner Inhaftierten sitzen
dort ein. Aber die Schließung sorgt bei den Betroffenen für alles andere
als Jubel. „Wir inhaftierten Frauen wollen in der Justizvollzugsanstalt
Pankow bleiben“, heißt es in einem Protestbrief, der die taz aus dem Knast
erreichte.
Grund für die Schließung ist allgemeiner Personalnotstand im Strafvollzug.
Justizsprecherin Claudia Engfeld erklärt das so: Es gebe eine
„Personalunterdeckung“ von 25 Prozent – infolge eines sehr hohen
Krankenstands und altersbedingten Ausscheidens in den Ruhestand. Wegen
eines von der rot-roten Vorgängerregierung verhängten Ausbildungsstopps
stehe derzeit kein Nachwuchs zur Verfügung, der die Lücken füllen könne.
Pankow werde nur vorübergehend geschlossen, betont Engfeld. So lange, bis
neue Kräfte ausgebildet seien. „In einem bis anderthalb Jahren machen wir
das Gefängnis wieder auf.“
Die vier Standorte des Frauenknasts haben einen Anstaltsleiter. In Neukölln
befindet sich die Sozialtherapie. Reinickendorf ist Freigängerinnenanstalt.
Das größte Frauengefängnis liegt in Lichtenberg. Dort befinden sich die
Aufnahmeabteilung und die Untersuchungshaft. Mittlere und lange Haftstrafen
werden dort verbüßt. Auch die Drogenabhängigen sitzen dort ein.
## Nur zwei Dutzend Frauen betroffen
Von den insgesamt 54 Frauen, die in der Arkonastraße Pankow einsitzen, sind
die Hälfte nach Angaben von Anstaltsleiter Matthias Blümel sogenannte
Ersatzfreiheitsstraflerinnen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe wird vollzogen,
wenn eine von einem Gericht verhängte Geldstrafe nicht bezahlt worden ist.
Zumeist handelt es sich dabei um Kleinkriminalität wie Schwarzfahren.
Menschen, die ihre Geldstrafe nicht bezahlen, leben zumeist in prekären
Verhältnissen.
Wenn Pankow am 15. Juli schließt, werde man versuchen, die
Ersatzfreiheitstraflerinnen zu entlassen, sagte Blümel. Die restlichen 20
bis 25 Frauen würden nach Lichtenberg verlegt. Fünf davon haben lebenslange
Haftstrafen. Die anderen verbüßen kurze und mittellange Freiheitsstrafen.
Diese Gruppe ist es nun, die gegen die Knastschließung aufbegehrt. „Bei
vielen Frauen hier in Pankow herrscht einfach Angst“, heißt es in dem
Protestschreiben an Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). Laut
Insassenvertreterin Cornelia Völlger ist der Brief im Namen aller
Einsitzenden entstanden. Zu lesen ist von Sorgen, bei einer Verlegung nach
Lichtenberg den Arbeitsplatz zu verlieren, fortan in einer Doppel- statt
Einzelzelle leben zu müssen, weniger Besuchszeiten zu haben und durch die
Berührung mit Drogenabhängigen möglicherweise selbst wieder rückfällig zu
werden.
Auch, dass sie den Pankower Komfort nicht missen möchten, schreiben die
Frauen offen. Immerhin haben dort alle Zellen Fernseher, Telefonanschluss,
Dusche und Toilette.
## Standard in Lichtenberg nicht so übel
Er könne verstehen, dass die Insassinnen von dem Umzug nicht begeistert
seien, sagt Anstaltsleiter Blümel. Man versuche, so viele Arbeitsplätze wie
möglich zu schaffen. Und im Übrigen sei der Standard in Lichtenberg gar
nicht so schlecht.
7 Jun 2015
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Knast
Gefängnis
JVA
Bundesverfassungsgericht
Familie
Philosophie
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