# taz.de -- Sterbenskrank durch Stadtlärm: Gesunde Ruhe | |
> Lärm macht krank, sagt Epidemologe Eberhard Greiser. Für seine Studie | |
> vergleicht er die Lärmbelastung mit dem Sterbe- und Krebsregister. | |
Bild: Sorgt für eine hohe Sterberate: Stadtlärm durch Autos und Züge. | |
BREMEN taz | Der Lärm in Bremen macht krank und kann tödliche Folgen haben. | |
Das sind die Zwischenergebnisse der Bremer Lärm-Studie, die der Epidemologe | |
Eberhard Greiser der taz vorgestellt hat. Am schädlichsten ist demnach | |
Bahnlärm. | |
„Wir müssen davon ausgehen, dass vier Prozent der Todesursachen bei | |
Menschen zwischen 40 und 84 Jahren in Bremen letztlich auf die Folgen von | |
Lärm-Stress zurückgehen“, sagt Greiser. „Vier Prozent klingt wenig - aber | |
das ist enorm viel.“ | |
Ungefähr so viele Menschen sterben laut Statistischem Bundesamt an den | |
Folgen des Rauchens. Greiser war lange der Leiter des Bremer Instituts für | |
Präventionsforschung und Epidemiologie (heute Leibniz-Institut). | |
Seit 2011 hat er die Lärmbelastung am Wohnort mit den Daten des Krebs und | |
Sterberegisters verglichen: Um 22 Prozent höher ist in Bremen das | |
Sterblichkeitsrisiko für Männer und Frauen (zwischen 40 und 80 Jahren), die | |
besonders durch starken Bahnlärm belastet sind, als das | |
Sterblichkeitsrisiko derer, die in einer ruhigen Gegend wohnen. | |
Wer gleichzeitig Schienen und Straßenlärm besonders ausgesetzt ist, hat ein | |
deutlich höheres Krebsrisiko - insbesondere gilt das für Leukämie, Brust | |
und Lymphdrüsenkrebs. Das ergab Greisers Auswertung der Daten des Bremer | |
Krebsregisters. | |
Schwerhörige hingegen haben ein auffällig geringeres Gesundheitsrisiko, | |
weil nur der Lärm, der über das Ohr wahrgenommen wird, auch zu einer | |
erhöhten Krankheitsbelastung durch Lärm führen kann - unabhängig übrigens | |
davon, ob ein Betroffener subjektiv den Lärm als „sehr störend“ empfindet | |
oder ob er den Eindruck hat, dass er sich an den Lärmpegel „gewöhnt“ hat. | |
Derartige statistische Zusammenhänge zwischen verschiedenen Lärm-Quellen | |
und dem Sterblichkeits und Krebsrisiko bei Menschen sind in dieser Form | |
bisher nicht untersucht worden. | |
Erkenntnisse zur Auswirkung der Lärmbelastung gab es hingegen durch | |
Tierversuche: Bei Ratten mit bestimmter genetischer Dispositionen ließ sich | |
ein deutlicher Anstieg des Bluthochdrucks messen. | |
Die Studie von Greiser wurde nun im Wesentlichen durch das Umweltbundesamt | |
finanziert. Lediglich zum Fluglärm ermöglichen die Untersuchungen bisher | |
keine statistisch auswertbaren Ergebnisse, weil die Zahl der Betroffenen zu | |
gering ist. | |
Vor Jahren hatte Greiser bei den Betroffenen des Köln-Bonner Flughafens | |
erhebliche Gesundheitsrisiken des nächtlichen Fluglärms nachweisen können. | |
Dort hatte er keine Daten aus dem Sterberegister zur Verfügung, sondern die | |
Krankenkassen-Daten von mehr als einer Million Versicherten zu deren | |
Arzneimittel-Bedarf und Krankenhausbehandlungen. | |
Auch in Bremen wollte er diese Daten auswerten, weil jene | |
Gesundheitsrisiken, die nicht als Todesursache aktenkundig werden, deutlich | |
größer sind. Doch dies scheitert bisher an der Bremer | |
Datenschutz-Beauftragten Imke Sommer. | |
Denn, während der Bundesdatenschutzbeauftragte für die Handelskrankenkasse | |
die Erlaubnis erteilt hat und auch der niedersächsische | |
Datenschutzbeauftragte für die AOK-Patienten in Niedersachen grünes Licht | |
gab, verweigert Sommer die Zustimmung zur Verwendung der Daten für diese | |
Untersuchung - als Zuständige für die AOK Bremen. | |
„Das hat die Studie um mehr als drei Jahre verzögert und erhebliche | |
zusätzliche Kosten mit sich gebracht“, ärgert sich Greiser. Selbst ein | |
Gutachten des Bremer Juristen Friedhelm Hase von der Bremer Universität hat | |
Sommer nicht umstimmen können. | |
Nun will die Bremer AOK ihre Daten auch ohne das Plazet der | |
Datenschutzbeauftragten für die Studie zur Verfügung stellen, wenn die | |
Bremer Gesundheitsbehörde das „genehmigt“ und zwei weitere Krankenkassen | |
sich ebenfalls mit den Daten ihrer Versicherten beteiligen. | |
Greiser hofft, diese Hürden in den nächsten Monaten zu überwinden. Und dass | |
eine Finanzierungslücke von 80.000 Euro für den zweiten Teil seiner Bremer | |
Lärm-Studie durch einen Beitrag des Bremer Senats gedeckt werden kann. | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
## TAGS | |
Fluglärm | |
Lärm | |
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