# taz.de -- Aktivisten über linke Szene in Berlin: „Wir wollen in die Breite… | |
> Fels geht in der Interventionistischen Linken auf: Warum das ein Zeichen | |
> für Stärke und einen notwendigen Lernprozess ist, erklären zwei | |
> Aktivisten. | |
Bild: Sie wollen die linke Fahne weiter hochhalten | |
taz: Frau Koester, Herr Schwarzbach, für die Entscheidung sich künftig nur | |
noch als Interventionistische Linke (IL) zu organisieren, hat sich Fels ein | |
halbes Jahr mehr Zeit gelassen als die ALB und Avanti. Waren die | |
Widerstände innerhalb der Gruppe so groß? | |
Elsa Koester: [1][Wir hatten keinen grundsätzlichen Dissens über diesen | |
Weg], aber es gab doch Bedenken über den Prozess und seine Geschwindigkeit. | |
Einige befürchten, dass sich bei einer Organisation dieser Größe | |
Bürokratismus und Kader herausbilden. Wir haben uns daher Zeit für die | |
Strukturdebatte genommen, besonders auch im Hinblick auf die vielen | |
Neumitglieder, die noch kaum Kontakt zur IL hatten. | |
Gibt es Besonderheiten, die die ehemaligen Fels-Mitglieder in die IL | |
einbringen wollen? | |
Koester: Die Gruppen, die jetzt fusionieren, sind sich nah und haben auch | |
schon zusammengearbeitet. Das Besondere liegt eher im Kleinen. Weil sich | |
bei uns auch Flüchtlinge organisieren, finden unsere Plena mit Flüster- | |
oder Simultanübersetzung statt. Auch haben wir organisatorische Strukturen | |
entwickelt, die uns die Arbeit in einer Gruppe mit über 100 Mitgliedern | |
ermöglicht. Diese werden jetzt von der IL zum Teil übernommen. | |
Fels gab es 24 Jahre – so lange, wie kaum eine andere Gruppe aus diesem | |
Spektrum. Wie erklären Sie sich das? | |
Georg Schwarzbach: Im Vordergrund stand bei uns stets die gemeinsame Arbeit | |
und nicht die Selbstbeweihräucherung und das Erfüllen linksradikaler | |
Klischees. Die meisten Leute haben ihr Engagement nicht als | |
identitätsstiftende Maßnahme begriffen. Es gibt keinen Style, den man | |
tragen oder das Konzert, das man besuchen muss. Viele Mitglieder stechen | |
einem nicht als Hardcore-Linksradikale ins Auge, haben Vollzeitjobs und | |
Kinder. | |
Ist die Tendenz zur Fusion innerhalb der Szene eigentlich ein Ausdruck der | |
eigenen Schwäche? | |
Schwarzbach: Ich bewerte das als Zeichen eines notwendigen Lernprozesses. | |
Wir sind vor über 20 Jahren mit der Überzeugung angetreten, das | |
Szene-Ghetto und die kleinen zirkelhaften Organisationsformen zu verlassen. | |
Wir wollen in die Breite gehen und wahrnehmbar sein. Es ist nicht besonders | |
glaubwürdig, wenn man für eine andere Gesellschaftsordnung eintritt, aber | |
sich selbst ab einer zweistelligen Gruppengröße spaltet. | |
Koester: Man kann nicht sagen, dass die radikale Linke vor zehn oder | |
fünfzehn Jahren besser aufgestellt war und sich jetzt vernetzt, weil sie | |
sonst nichts zu sagen hätte. Ein Zeichen der Schwäche ist es, wenn man sich | |
etwa daran zerstreitet, ob es internationale oder transnationale | |
Solidarität heißen muss. Stärke ist dagegen, über kleinere | |
Meinungsverschiedenheiten hinwegsehen zu können. | |
Welche Hoffnungen setzten Sie in die IL? | |
Koester: Wir müssen die lokalen Kämpfe, in denen wir alle stecken, bundes- | |
und auch europaweit vernetzen. Es geht darum, ein handlungsfähiger und | |
sichtbarer linksradikaler Akteur zu werden, der ansprechbar ist und auch | |
weiter wächst. | |
Schwarzbach: Die IL ist ein Organisierungsversuch, den es in diesem | |
Spektrum in den vergangenen 30 Jahren nicht gab. Wir wollen die | |
Kräfteverhältnisse verschieben und alternative Erzählungen zum Kapitalismus | |
anbieten. Wir müssen auf kleiner Ebene Projekte entwickeln, in denen | |
Menschen sich selbst organisieren und Gemeingüter schaffen. | |
Was sind die nächsten Projekte der Berliner IL? | |
Koester: Laufende Projekte wie Blockupy oder der Kampf um das Bleiberecht | |
gehen weiter. Das neue Projekt ist der Mietenvolksentscheid. Er beinhaltet | |
für uns wichtige Anknüpfungspunkte wie Rekommunalisierung, MieterInnenräte | |
oder den Stopp von Zwangsräumungen. Wir wollen aber auch noch tiefer gehen | |
und diskutieren, ob privates Wohneigentum nicht enteignet und | |
vergesellschaftet werden kann, statt es mit öffentlichen Mitteln | |
aufzukaufen. | |
21 May 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Linke-Szene-in-Berlin/!160337/ | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Berlin | |
Autonome | |
Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Linke Szene in Berlin: Sie strömen weiter | |
Die linke Szene in Berlin ordnet sich neu. Nun löst sich auch die Gruppe | |
Fels auf. Die rund 120 Aktivisten treten der Interventionistischen Linken | |
bei. |