# taz.de -- Mindestlohn: Ortsüblicher Tarif wird Maßstab | |
> Für 4,5 Millionen Arbeitnehmer mehr könnte bald eine Lohnuntergrenze | |
> gelten | |
Bild: Lohnuntergrenze statt Mindestlohn - reich werden Putzfrauen und Friseurin… | |
BERLIN taz Für mehr Arbeitnehmer als bisher soll künftig ein Mindestlohn | |
gelten - allerdings nicht in Form einer generellen Lohnuntergrenze, wie man | |
sie gemeinhin unter einem Mindestlohn versteht. Stattdessen soll es zwei | |
Verfahren geben. | |
Da wären zunächst die branchenbezogenen Mindestlöhne über das | |
Entsendegesetz. Dieses gilt bereits für die Bauwirtschaft und die | |
Gebäudereiniger. Es besagt, dass Arbeitnehmer nach den ortsüblichen | |
Tariflöhnen bezahlt werden müssen. Ab sofort soll das Gesetz für weitere | |
Branchen gelten, wenn in einer Region mindestens die Hälfte der | |
Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt sind. Dazu | |
gehören die Branchen Gebäudebewachung, Entsorgung, Leiharbeit und Post, | |
möglicherweise auch die Friseurbranche, Hotel und Gaststätten sowie der | |
Einzelhandel. Insgesamt betrifft dies laut Minister Müntefering 4,5 | |
Millionen Arbeitnehmer. | |
Die Aufnahme in das Entsendegesetz müssen die Tarifparteien der Branche | |
spätestens bis zum 31. März 2008 beantragt haben. Über den Antrag befindet | |
zunächst der Tarifausschuss aus je drei VertreterInnen von Arbeitgebern und | |
Arbeitnehmern. Einigen sich die Parteien nicht innerhalb von drei Monaten | |
auf einen Mindestlohn, kann das Mindestlohn-Verordnungsverfahren | |
durchgeführt werden, bei dem die Regierung auf Vorschlag des | |
Arbeitsministers entscheidet. | |
Für Branchen ohne Tarifbindung sind Mindestlöhne ebenfalls möglich, und | |
zwar durch die Neufassung des "Mindestarbeitsbedingungsgesetzes" von 1952. | |
Hierfür entscheidet zunächst ein Hauptausschuss aus Arbeitgebern und | |
Arbeitnehmern, in welchen Branchen es einen Mindestlohn geben soll. Über | |
die Höhe entscheidet dann ein sechsköpfiger, paritätisch besetzter | |
Fachausschuss. Dessen Empfehlung kann dann von der Regierung als | |
verbindlich erklärt werden - muss aber nicht. Für dieses Verfahren kommen | |
Land- und Forstwirtschaft in Frage, der Gartenbau sowie die | |
Fleischereibranche, so Müntefering. | |
Keine gesetzliche Regelung wird es zu sittenwidrigen Löhnen geben. | |
20 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Katharina Koufen | |
## TAGS | |
EU | |
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