# taz.de -- Integration II: Abschlüsse reichen nicht | |
> Eine Studie besagt, dass die Integration von Migranten in den | |
> Arbeitsmarkt in Deutschland schlechter ist als anderswo. | |
Bild: Die Ausbildungsituation der Migranten muß verbessert werden. | |
BERLIN taz Menschen mit einem Migrationshintergrund haben es auf dem | |
Arbeitsmarkt deutlich schwerer, eine Beschäftigung zu finden, als die | |
übrige Bevölkerung. Auch bei gleicher Qualifikation ist es für Migranten | |
auf dem deutschen Arbeitsmarkt schwieriger als für Personen ohne einen | |
Migrationshintergrund - zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die die | |
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) | |
gestern vorgestellt hat. Nur in wenigen Ländern seien Zuwanderer ähnlich | |
schlecht in den Arbeitsmarkt integriert wie hierzulande. | |
Diese Entwicklung sei zum Teil auf das geringere Bildungsniveau von | |
Migranten zurückzuführen, aber auch Diskriminierung spiele eine Rolle, | |
sagte der Migrationsexperte der OECD, Thomas Liebig, bei der Vorstellung | |
der Studie. "Migranten müssen mehr Bewerbungen schreiben als Personen mit | |
deutschen Namen." Vereinzelt bestünden weiterhin Vorurteile gegen bestimmte | |
Bevölkerungsgruppen. Es habe zwar in den vergangenen Jahren erhebliche | |
Verbesserungen im Bereich der Integration gegeben, trotzdem müssten diese | |
Nachteile noch entschlossener ausgeglichen werden. Auch das | |
Antidiskriminierungsgesetz könne hier nicht weitreichend greifen. "Die | |
versteckte Diskriminierung bleibt weiterhin erhalten." Um Vorurteile | |
auszuräumen, schlägt Liebig vor, Bewerbungen "weitgehend zu anonymisieren". | |
Einen Vorschlag, denn auch Wolfgang Rhode vom Vorstand der IG Metall | |
begrüßt. "Das ist eine versteckte Diskriminierung, die bei diesem Ergebnis | |
durchscheint", kritisiert er und bezeichnet eine Anonymisierung als einen | |
"ersten Schritt in die richtige Richtung". Es dürfe nicht sein, dass | |
"Migranten bei leichten Tätigkeiten wie in Gaststätten überproportional | |
vertreten sind und bei anspruchsvolleren Stellen wie im öffentlichen Dienst | |
nicht". | |
Tatsächlich zeigt die Studie, dass auch Migranten mit einem | |
Hochschulabschluss es erheblich schwerer bei der Jobsuche haben: Die | |
Arbeitslosenquote studierter Zuwanderer ist mit 12,5 Prozent fast dreimal | |
höher als die von Akademikern mit deutschen Eltern. Innerhalb der OECD sei | |
dieser Unterschied nur in Belgien und Dänemark ähnlich stark. Anders sieht | |
die Beschäftigungsquote von gering qualifizierten Zuwanderern aus: Liebig | |
zufolge liegt sie höher, weil viele Deutsche etwa im Reinigungsservice | |
nicht arbeiten wollten. | |
Die Situation von Einwanderern auf dem Arbeitsmarkt wird auch am Donnerstag | |
ein Thema auf dem Integrationsgipfel sein, bei dem der "nationale | |
Integrationsplan" vorgestellt werden soll. Seine Erarbeitung wurde auf dem | |
ersten Gipfel vor einem Jahr vereinbart. Danach beschäftigte sich unter der | |
Leitung von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) eine | |
Arbeitsgruppe mit den Themen Bildung, Ausbildung, Arbeitsmarkt. Die | |
Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe flossen in den "Integrationsplan" ein. So | |
will die Bundesregierung sich für die Verbesserung der Ausbildungssituation | |
von jugendlichen Migranten einsetzen. Einwanderer ohne einen Schulabschluss | |
sollen eine zweite Chance zu berufsbegleitender Nachqualifizierung | |
bekommen. Außerdem sollen mehr Migranten für den öffentlichen Dienst | |
geworben werden. | |
Auch die OECD hat Deutschland dazu aufgefordert, die Beschäftigungschancen | |
von Ausländern deutlich zu verbessern. Neben dem Sprachtraining und einer | |
guten Berufsausbildung gehöre dazu ein möglichst früher Kontakt zum | |
Arbeitsmarkt. "Es ist wichtig, dass Migranten zeigen können, was sie | |
leisten können", sagte Migrationsexperte Liebig. | |
11 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Cigdem Akyol | |
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