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# taz.de -- Autor Balestrini über Italiens Fan-Krawalle: "Tod mit merkwürdige…
> Die Erklärungen zum Tod des Fußballfans seien unpräzise und vage,
> kritisiert der italienische Schriftsteller Balestrini. Fahrten zu
> Auswärtsspielen zu verbieten, hält er für falsch.
Bild: "Die Fans haben das zum Tod des Polizisten in Catania in Verbindung geset…
taz: Herr Balestrini, wie sehen Sie das Vorgehen der Polizei und die
Reaktion der Ultras?
Nanni Balestrini: Dieser junge Mann ist unter sehr merkwürdigen Umständen
zu Tode gekommen; die bisherigen Erklärungen sind unpräzise und vage. Die
Fans haben das sofort zu dem Tod des Polizisten in Catania in Verbindung
gesetzt. Danach wurde die Meisterschaft unterbrochen. Jetzt hingegen wurden
nur einige Spiele abgesagt, und das wurde zum Anlass für die
Ausschreitungen.
Was läuft schief im italienischen Fußball?
Der italienische Fußball und seine Fans haben sich stark verändert. Das
sind einmal die Korruptionsskandale und die Skandale um verschobene
Meisterschaften. Und da ist die radikale Veränderung bei den Ultras. Vor 20
Jahren schrieb ich über die Fankurven, das war damals völlig anders, das
war ein kollektiver Spaß, da gingen Freundesgruppen hin, um an diesem
wöchentlichen Ritual teilzuhaben. Da gab es auch mal Zusammenstöße, jetzt
aber ist das Bild anders. Die Ultra-Gruppen sind straff organisiert, und
sie haben teils ganz eigenartige Verbindungen zu den Vereinen. Alles ist
korrupter, alles ist schmutziger geworden, und dazu noch werden diese
Ultra-Gruppen oft von Faschisten kontrolliert.
Das erklärt die Eskalation?
Die Eskalation wird von den Medien enorm aufgebauscht. Es scheint fast so,
als geschehe jedes Wochenende eine Tragödie. Gewiss, dieses Jahr haben wir
schon den zweiten Toten, aber ist das wirklich unser dramatischstes
Problem? Jedes Wochenende sterben fünf oder zehn Jugendliche auf der
Heimfahrt von der Disko, jeden Tag verunglücken mehrere Menschen tödlich
auf der Arbeit, und niemanden regt das auf.
Es ist doch nicht zu bestreiten, dass viele Jugendliche zum Stadion gehen,
als zögen sie in den Krieg.
Das tun sie, um eine Leere zu füllen - und wir müssen uns fragen, warum sie
bloß dieses Ventil haben. Unsere Gesellschaft bietet ihnen nichts, um diese
Leere zu füllen. Das meine ich nicht als Entschuldigung. Ich will jedoch
unterstreichen, dass in den Stadien ja keineswegs Woche für Woche Blut
fließt.
Welche Rolle spielt die Polizei?
Deren hochgerüstetes Auftreten wird von den Fans oft als Provokation
erlebt. Es ist doch aussagekräftig, dass sich am Sonntag die Fans gegen die
Polizei verbündet haben, so als sei da bloß lange aufgeladener Hass
ausgebrochen. Die Polizei ist erfolgreich dabei, die Hools der gegnerischen
Vereine in Stadien voneinander zu trennen - und bleibt dann als einziger
Feind übrig.
Wie ließe sich diese Gewalt unterbinden? Würde das Verbot, zu
Auswärtsspielen zu fahren, helfen?
Ich halte das für keinen guten Weg, weil sich solche Maßnahmen immer
umgehen lassen. Außerdem würde bloß ein Ventil verstopft. Die Gewalt würde
sich schlicht andere Kanäle suchen, und die wären womöglich gefährlicher.
Aber ist es kein Problem, wenn viele Fankurven von faschistischen Gruppen
beherrscht werden?
Selbstverständlich, und es ist völlig richtig, gegen rassistische
Sprechchöre und Transparente vorzugehen. Die sind schlicht illegal, und die
müssen verfolgt werden.
12 Nov 2007
## AUTOREN
Michael Braun
Michael Braun
## TAGS
Nanni Balestrini
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