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# taz.de -- Urteil zur "militanten Gruppe": Die Terrorjagd war illegal
> Die "militante gruppe" ist - trotz Brandanschlägen - keine terroristische
> Vereinigung. Sagt der Bundesgerichtshof und hebt Haftbefehle gegen drei
> mutmaßliche Mitglieder auf.
Bild: Dürfen heim: Florian, Oliver und Axel .
Der Bundesgerichtshof hat am Mittwoch die Freilassung von drei mutmaßlichen
Mitgliedern der "militanten gruppe" (mg) aus der Untersuchungshaft
angeordnet. Die mg sei nicht als "terroristische", sondern nur als
"kriminelle Vereinigung" einzustufen. Florian L. (35), Oliver R. (35) und
Axel H. (46) können in Freiheit auf ihren Prozess warten.
Ende Juli waren die drei Berliner auf frischer Tat ertappt worden. Sie
hatten in der Stadt Brandenburg versucht, drei Bundeswehrlaster anzuzünden.
Die Brandsätze waren schon angezündet, konnten von der Polizei aber noch
rechtzeitig entfernt werden. Offensichtlich waren die drei Militanten zuvor
observiert worden.
Festgenommen wurden damals nicht nur sie, sondern auch der Berliner
Stadtsoziologe Andrej Holm, dem vorgeworfen wurde, eine Art intellektueller
Hintermann derartiger Anschläge zu sein. Da kein dringender Tatverdacht
gegen ihn besteht, hob der Bundesgerichtshof schon im Oktober den
Haftbefehl gegen ihn als rechtswidrig auf. Das war die erste Schlappe der
Bundesanwaltschaft in diesem Verfahren.
Die zweite folgte mit dem Beschluss vom Mittwoch. Der BGH ordnete auch die
Freilassung der drei übrigen Verhafteten an. Entgegen der Annahme von
Generalbundesanwältin Monika Harms handele es sich bei der mg um keine
terroristische Vereinigung. Denn die von der "mlitanten gruppe" begangenen
und geplanten Brandanschläge seien, so der Vorsitzende Richter Klaus
Tolksdorf, "nicht geeignet, die Bundesrepublik Deutschland erheblich zu
schädigen".
Das Gericht beruft sich auf eine vor vier Jahren erfolgte Neuformulierung
des Paragrafen 129 a Strafgesetzbuch, der die Mitgliedschaft und
Unterstützung von terroristischen Vereinigungen verbietet. Damals wurde die
Vorschrift Vorgaben der EU entsprechend umgestaltet. So wurden in den
Katalog der Straftaten, die eine Vereinigung zu einer "terroristischen"
Vereinigung machen. auch leichtere Straftaten aufgenommen. Zum Ausgleich
fügte die rot-grüne Bundesregierung einen Passus ein, dass eine Gruppe
bestimmte terroristische Absichten haben muss und vor allem, dass sie ein
gewisses Mindestmaß an Gefährlichkeit erreicht.
Gestern entschied der BGH nun, dass dem Staat erst dann eine "erhebliche"
Schädigung droht, "wenn die Straftaten geeignet sind, die Bevölkerung in
erheblichem Maße einzuschüchtern", eine Behörde zu "nötigen" oder die
"Grundstrukturen des Staates erheblich zu beeinträchtigen". All dies sei
bei den Brandanschlägen der mg nicht zu befürchten gewesen. Über den
Gesamtschaden von rund einer Million Euro hinaus hätten die Taten "einen
eher nur propagandistischen Effekt mit potenzieller Mobilisierungswirkung
bei Gleichgesinnten gehabt".
Damit können auch ähnliche Gruppierungen - etwa die ominöse Vereinigung
militanter G-8-Gegner, gegen die seit einigen Monaten ermittelt wird -
künftig nicht mehr als "terroristische Vereinigung" eingestuft werden. In
diesem Verfahren hat es bisher allerdings keine Haftbefehle gegeben.
Allerdings hätte der Beschluss für die Bundesanwaltschaft noch unangenehmer
ausfallen können: Immerhin bleibt sie für das Verfahren gegen die
"militante gruppe" zuständig, was der BGH mit der "besonderen Bedeutung des
Falles" begründete. In bestimmten Fällen kann die Bildung einer kriminellen
Vereinigung eine Sache für die Bundesermittler sein. Zudem gingen die
Richter davon aus, dass die drei Verdächtigen tatsächlich mg-Mitglieder
sind. Ihre Anwälte bestreiten dies.
29 Nov 2007
## AUTOREN
Christian Rath
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