# taz.de -- Gentests gegen den Willen der Mutter: Neues Gesetz zu Vaterschaftst… | |
> Der Bundestag hat das "Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom | |
> Anfechtungsverfahren" beschlossen. Damit wird die Rechtsposition vieler | |
> Männer gestärkt. | |
Bild: Anfechtungsverfahren der Vaterschaft sind binnen einer Frist von zwei Jah… | |
BERLIN taz Die Feststellung der Vaterschaft wird stark vereinfacht. Gestern | |
hat der Bundestag ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Künftig können | |
Väter ohne jede Frist und ohne jeden Anlass ihre Vaterschaft überprüfen | |
lassen. Heimliche Gentests bleiben aber verboten. | |
Das Gesetz geht auf eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts vom Februar | |
2007 zurück. Dort hatte ein Vater geklagt, der die Vaterschaft seines | |
Kindes nicht legal überprüfen konnte. Die zweijährige Anfechtungsfrist nach | |
der Geburt war verstrichen. Und ein heimlicher Gentest wurde nicht als | |
"neue Tatsache" akzeptiert, um eine erneute zweijährige Anfechtungsfrist | |
auszulösen. | |
Karlsruhe sah in dieser Unmöglichkeit, die Vaterschaft zu überprüfen, eine | |
Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die Richter - sieben Männer und eine | |
Frau - forderten deshalb den Gesetzgeber auf, bis zum 31. März 2008 ein | |
neues Verfahren einzuführen, mit dem Väter ohne weiteres ihre biologische | |
Elternschaft überprüfen lassen können. Dieser Pflicht kam der Bundestag nun | |
nach. | |
Künftig wird es zwei Verfahren zur Überprüfung der Vaterschaft geben: das | |
Klärungsverfahren und das Anfechtungsverfahren. Beim Klärungsverfahren | |
bekommen die Beteiligten zwar Gewissheit, rechtlich hat es aber keine | |
Folgen für die Beziehung von Vater und Kind. Dieses neue Verfahren kann vom | |
Vater, der Mutter oder vom Kind ausgelöst werden. Die jeweils anderen | |
müssen mitwirken und Zellmaterial, zum Beispiel Speichel oder Haare, zur | |
Verfügung stellen. | |
Daneben wird es weiterhin das Anfechtungsverfahren geben, das bei negativem | |
Ausgang die rechtliche Vaterschaft beseitigt. Der Vater ist dann nicht mehr | |
mit dem Kind verwandt und ist auch nicht mehr zur Zahlung von Unterhalt | |
verpflichtet. Dieses Verfahren kann weiterhin nur binnen einer Frist von | |
zwei Jahren ab Geburt oder ab Kenntnis neuer verdachtauslösender Tatsachen | |
durchgeführt werden. | |
Faktisch spielt die Frist jetzt aber keine Rolle mehr. Denn das | |
Klärungsverfahren kann ja jederzeit durchgeführt werden. Und wenn es | |
negativ ausgeht, beginnt eine neue Zweijahresfrist für eine mögliche | |
Anfechtung. | |
Bei fast allen Schritten gibt es allerdings Klauseln, die eine besondere | |
Beachtung des Kindeswohls vorschreiben. So darf die Vaterschaft nicht in | |
einer Situation geklärt werden, wo dies für das Kind eine "unzumutbare | |
erhebliche Beeinträchtigung" darstellt. Justizministerin Brigitte Zypries | |
(SPD) nannte als Beispiel ein magersüchtiges Mädchen, bei dem | |
Selbstmordgefahr droht, wenn die Beziehung zu seinem Vater infrage gestellt | |
würde. | |
Heimliche Vaterschaftstests bleiben weiterhin verboten. Ihr Ergebnis kann | |
auch nicht als neue Tatsache ein Anerkennungsverfahren auslösen. Dennoch | |
wird es sie vermutlich weiterhin geben. Ob heimliche Tests bestraft werden, | |
muss in einem Gendiagnostikgesetz entschieden werden, das | |
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt schon seit Jahren vorbereitet. | |
Justizministerin Zypries hat sich für eine Bestrafung ausgesprochen. | |
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags geht davon aus, dass nur rund | |
3,7 Prozent der Kinder in Europa nicht von ihrem rechtlichen Vater gezeugt | |
wurden. Deshalb wird die Vaterschaft nach Aussagen von Testlaboren auch in | |
vier von fünf Testfällen bestätigt. Väter lassen meist erst (heimlich) | |
testen, wenn eine Beziehung zu Ende ist, weil sie verletzt sind, und auch | |
um keinen Unterhalt zahlen zu müssen. | |
22 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
Christian Rath | |
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Bundesverfassungsgericht | |
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