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# taz.de -- Neues BKA-Gesetz: Imame abhören erlaubt
> Pfarrer dürfen in Deutschland nicht abgehört werden, Imame nach dem neuen
> BKA-Gesetz schon. Der Grund: Der Islam ist keine staatlich anerkannte
> Religionsgemeinschaft.
Bild: Sind Imame in Deutschland "Geistliche zweiter Klasse"?
Geistliche sind vor Zugriffen der Polizei weitgehend geschützt, bei ihnen
sollen sich die Gläubigen offen aussprechen können. Für die muslimischen
Geistlichen (Imame) in Deutschland gilt das aber nicht. Weil der Islam hier
nicht als staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft gilt, werden Imame von
den Schutzvorschriften der Strafprozessordnung nicht erfasst. Sie haben
kein Zeugnisverweigerungsrecht und ihre Telefone und Räumlichkeiten sind
nicht schutzwürdiger als die von Normalbürgern.
Diese Einstufung der Imame spielt derzeit vor allem bei der Novellierung
des BKA-Gesetzes eine Rolle. Das Bundeskriminalamt soll zahlreiche
präventive Anti-Terror-Befugnisse bekommen und zum Beispiel heimlich
Computer ausforschen dürfen. Nach Protesten der katholischen Kirche sollen
dabei zwar "Geistliche" geschützt sein, für Imame gälte dieser Schutz
freilich nicht. Ayyub Axel Köhler, der Vorsitzende des Zentralrats der
Muslime findet die Einstufung "empörend". Er kritisiert: "Unsere Imame
dürfen nicht Geistliche zweiter Klasse sein".
Dabei ist das Gesetz eigentlich ganz neutral formuliert. "Zur Verweigerung
des Zeugnisses sind berechtigt: (...) Geistliche über das, was ihnen in
ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut oder bekanntgeworden ist",
heißt es in Paragraph 53 der Strafprozessordnung. Erst die Auslegung durch
die so genannten Kommentare stellt die Weichen gegen die Imame. "Gemeint
sind nur Geistliche der christlichen Kirchen und der sonstigen staatlich
anerkannten öffentlich-rechtlicen Religionsgemeinschaften", heißt es etwa
im Standardkommentar des Juristen Lutz Meyer-Gossner.
Viele berufen sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von
1953. Damals wurde festgestellt, dass die Prediger der Zeugen Jehovas keine
"Geistlichen im Sinne der Strafprozessordnung" sind, weil diese damals noch
nicht den Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft erhalten haben.
1998 forderte zwar der Deutsche Juristentag: "Das Zeugnisverweigerungsrecht
für Geistliche sollte auf alle Religionsgemeinschaften erstreckt werden."
Doch das wird von keinem Kommentar erwähnt.
Die Frage, wer als Geistlicher gilt, hat in den letzten Jahren zunehmend an
Bedeutung gewonnen. Bei Polizeibefugnissen, die in geschützte Bereiche
eindringen, werden so genannte Berufsgeheimnisträger wie Geistliche immer
häufiger ausdrücklich vor Ausforschung geschützt. Was sie nicht aussagen
müssen, soll sich die Polizei auch nicht durch heimliches Abhören besorgen
dürfen. So wurden Ende der 90er-Jahre bei der Einführung der akustischen
Wohnraumüberwachung (großer Lauschangriff) unter anderem die Räume von
Geistlichen für tabu erklärt. Ende letzten Jahres wurde dieser Schutz auf
Telefongespräche erstreckt. Und auch beim novellierten BKA-Gesetz ist nun
nach einigem Hin und Her wohl doch ein Schutz für Geistliche vor
Anti-Terror-Lausch-Aktionen vorgesehen (taz vom 1.3.2008).
Bei allen Schutzvorschriften wird aber immer auf Paragraph 53 der
Strafprozessordnung Bezug genommen, der eben Imame ausschließt.
Medienberichten zufolge hat dies dem Innenministerium die Gewährung von
Abhörschutz im BKA-Gesetz sehr erleichtert. Auch Justizministerin Brigitte
Zypries sieht keinen Handlungsbedarf: "Solange keine staatliche Anerkunng
einer islamischen Religionsgemeinschaft erfolgt ist, fallen Imame nicht
unter diese Vorschrift", erklärte ein Ministeriums-Sprecher der taz.
Hoffnung kommt ausgerechnet von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Ende
Januar erläuterte er im Interview mit der Welt, wer in Deutschland
zeugnisverweigerungsberechtigt ist: "Das sind übrigens nicht nur Pfarrer,
sondern auch Imame." Wenn es um den Islam geht, ist Schäuble immer wieder
für Überraschungen gut.
11 Mar 2008
## AUTOREN
Christian Rath
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