# taz.de -- Chinesische Bürgerrechtler Hu Jia: Peking klagt Dissidenten an | |
> Dem Bürgerrechtler Hu Jia wird "Untergrabung der Staatsgewalt" | |
> vorgeworfen. Für kritische Äußerungen in ausländischen Medien drohen ihm | |
> fünf Jahre Haft. | |
Bild: Hu Jia steht schon seit zehn Monaten unter Hausarrest. | |
In Peking ist am Dienstag einer der derzeit wichtigsten chinesischen | |
Bürgerrechtler angeklagt worden. Dem 34-jährigen Hu Jia wird nach Auskunft | |
seines Anwalts Li Fangping "Aufruf zur Untergrabung der Staatsgewalt" | |
vorgeworfen. Konkret werden Hu sechs kritische Artikel und zwei | |
Radiointerviews mit ausländischen Medien zur Last gelegt, wie Li in Peking | |
Agenturen nach sagte. Hu drohen bis zu fünf Jahren Haft. Li, der auf | |
"unschuldig" plädierte, rechnet frühestens nächste Woche mit einem Urteil. | |
Hu stand bereits seit Mai vergangenen Jahres unter Hausarrest. Weil im | |
Internetzeitalter mutigen Dissidenten so nicht mehr der Mund zu verbieten | |
ist, publizierte Hu weiter und nahm am 27. November sogar per Webcam an | |
einer Anhörung des Europaparlaments teil. Dabei bezeichnete er die | |
Olympischen Spiele in Peking als "Desaster für die Menschenrechte". | |
Hu und seine zehn Jahre jüngere Frau, die Bloggerin Zen Jinyan, zählen zur | |
neuen Generation der Cyberdissidenten. Hu hatte sich bereits als | |
Informatikstudent in Umweltorganisationen engagiert und war später in | |
Organisationen aktiv, die sich für HIV-Aufklärung einsetzten und Aidsopfer | |
und -waisen unterstützten. Er trat zum tibetischen Buddhismus über und | |
lobte Kanzlerin Angela Merkel für ihr Treffen mit dem Dalai Lama. | |
Hus Frau Zen, mit der er eine im November geborene Tochter hat, war jetzt | |
zum Prozess nicht zugelassen. Nach Hus Verhaftung am 27. Dezember hatte die | |
Staatssicherheit alle Treffen seiner Frau mit ausländischen Journalisten | |
unterbunden. | |
Die Fälle Hu und Zen wie der ihres Freundes, des Anwalts Teng Biao, zeigen, | |
wie Peking sein dem IOC gegebenes Versprechen der | |
Berichterstattungsfreiheit ausländischer Medien bricht. Im Januar 2007 hob | |
Peking die Vorschrift auf, dass ausländische Medien Interviews anmelden | |
müssen. Seitdem müssen nur noch die Interviewpartner zustimmen. Doch jetzt | |
werden sie für kritische Äußerungen bestraft, um sie einzuschüchtern und | |
Kritik zu unterbinden. Die neue Freiheit ausländischer Journalisten wird so | |
zur Farce. | |
Der Menschenrechtsanwalt Teng Biao, mit dem Hu im September einen | |
olympiakritischen offenen Brief verfasst hatte und sich im Dezember auch | |
kritisch in der taz äußerte, wurde am 6. März abends vor seiner Wohnung von | |
der Staatssicherheit aufgelauert und an einen unbekannten Ort verschleppt. | |
Nach stundenlangen Verhören und Einschüchterungen wurde er zwei Tage später | |
mit der Auflage freigelassen, nicht mehr mit ausländischen Journalisten zu | |
sprechen. SVEN HANSEN | |
19 Mar 2008 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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