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# taz.de -- Kommentar Chinas Klammergriff: "Die Gedanken befreien"
> Das neue Motto des chinesischen Premiers Wen Jiabao lautet: "Die Gedanken
> befreien". Nur von was, wo Dissidenten verfolgt und Internetforen
> zensiert werden?
Bild: Sind zwar dicke Freunde, doch der eine klebt an seinem Posten, der andere…
Die jährliche Pressekonferenz des chinesischen Regierungschefs ist schon in
normalen Zeiten gewöhnungsbedürftig. Gestern war sie geradezu surreal.
Hinter Tischschmuck aus Lilien, Gardenien und Mandarinenbäumchen verkündete
Premierminister Wen Jiabao zunächst sein politisches Motto: "Die Gedanken
befreien".
Dann erklärte er seinem Publikum mit erhobenem Zeigefinger, die
"Dalai-Clique" sei schuld an der Gewalt in Tibet, niemand anders. Alles
andere sei "Lüge", auch die Behauptung des Dalai Lama, dass China
"kulturellen Völkermord" in Tibet betreibt. Dahinter stecke das Ziel, die
Olympischen Spiele in Peking zu "sabotieren". Da war kein Hauch eines
Zweifels, keine Spur von Unsicherheit zu spüren, kein neuer Lösungsansatz.
Da war nur Versteinerung.
Der Dalai Lama in seinem Exil kann noch so lange erklären, dass er ein
Tibet innerhalb der Grenzen der Volksrepublik akzeptieren würde: Peking
bleibt taub. "Er lügt", heißt es deshalb. Traurige Aussichten: Wer mit den
Exiltibetern verhandeln wollte, müsste eine Vision über ein künftiges China
zulassen, in dem die chinesische Mehrheit anders als bisher mit ihren
Minderheiten umgeht, in Tibet und in anderen Randregionen des Landes. Doch
diese Vision einer kulturellen und religiösen Vielfalt gleichberechtigter
Bevölkerungsgruppen darf es im offiziellen Peking nicht geben.
Auch die chinesischen Journalisten reagierten bei der Pressekonferenz ihres
Premiers mit großem Unverständnis auf die beharrlichen Fragen ihrer
ausländischen Kollegen: "Was habt ihr nur immer mit Tibet?", wunderten sie
sich. Dass die Welt draußen sich die Köpfe über die Entwicklung in Tibet
zerbricht, über das Für und Wider eines Olympia-Boykotts diskutiert, wissen
auch viele gut ausgebildete Chinesen nicht. Die meisten würden ihren
Politikern sicher glauben, dass solche Boykottaufrufe nichts anderes als
böswillige Versuche sind, China zu schaden. In den Zeitungen steht nichts
anderes. In den Internetforen bleiben nur jene Diskussionsbeiträge
unzensiert, in denen die harte Position der Regierung in Tibet gepriesen
wird. Weiter geht es mit dem Versprechen "Die Gedanken befreien" nicht.
18 Mar 2008
## AUTOREN
Jutta Lietsch
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