# taz.de -- Schulpolitik: Freie Schulen arbeiten sich vor | |
> Schulgründungen boomen - trotz hoher finanzieller Hürden. Die wollen | |
> Grüne und FDP abbauen: Bildungsgutscheine könnten die Freien finanziell | |
> mit den Staatlichen gleichstellen. Die GEW befürchtet Nachteile für | |
> sozial Schwache. | |
Bild: Privat oder staatlich: Kindern geht es nur um die Tüte | |
m Oktober 2007 hat der Verein Netzwerk Spielkultur den Antrag bei der | |
Schulverwaltung eingereicht: Der Verein will eine eigene Schule in freier | |
Trägerschaft gründen. "Die staatlichen Schulen erziehen Kinder nicht | |
unbedingt zu glücklichen, kreativen und friedlichen Menschen", sagt | |
Initiator Mike Weimann. Die Demokratische Schule soll es besser machen: Die | |
Kinder werden nicht nur selbst bestimmen, was und wie sie lernen wollen. | |
Auch beim Budget und der Neueinstellung von Lehrern sollen sie mitreden | |
dürfen. Vorausgesetzt, die Senatsverwaltung stimmt dem Antrag zu. | |
Vorausgesetzt, ein Gebäude wird gefunden. Vorausgesetzt, das nötige Geld | |
kommt zusammen. | |
Die Gründung einer freien Schule ist beschwerlich. Dennoch werden immer | |
neue gegründet. 35 Anträge liegen dem Bildungssenator derzeit vor. Seit | |
einigen Jahren steigt die Anzahl der Schülerinnen, die eine sogenannte | |
Privatschule besuchen, kontinuierlich an. | |
Martin Heuer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband glaubt sogar, dass noch | |
viel mehr als die gegenwärtigen 7 Prozent der Schüler auf Privatschulen | |
gehen würden. Als größter freier Träger von Kitas erhält der Verband sehr | |
viele Anfragen von Eltern. Doch der Paritätische hält sich mit | |
Neugründungen zurück. Hauptgrund ist die schwierige Finanzierung. Denn | |
Schulen in freier Trägerschaft müssen sich in den ersten fünf Jahren nach | |
ihrer Gründung selbst tragen. Danach schießt der Staat 93 Prozent der | |
Personalkosten zu. Den Rest und alle zusätzlichen Ausgaben müssen die | |
Schulen selbst aufbringen - zumeist über monatliches Schulgeld, das | |
zwischen 100 und 700 Euro liegt. | |
Zusammen mit Wirtschaftsverbänden hat der Paritätische Wohlfahrtsverband | |
daher im vergangenen Jahr ein System von Bildungsgutscheinen vorgestellt, | |
das den freien Schulen die gleiche finanzielle Ausstattung zusichern würde | |
wie den staatlichen Schulen. Die Idee eines Gutscheins, den die Eltern in | |
der Schule ihrer Wahl einlösen, hat die FDP als politisches Projekt | |
übernommen. | |
Auch die Grünen sind Bildungsgutscheinen gegenüber aufgeschlossen. | |
Bedingung sei allerdings, dass es finanzielle Anreize gebe, Kinder aus | |
sozial benachteiligten und Migrantenfamilien aufzunehmen, erläutert | |
Bildungsexperte Özcan Mutlu. "Sonst suchen sich die Schulen die Crème de la | |
Crème aus". | |
Die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Rosemarie Seggelke, ist | |
skeptisch. "Gerechter wird es auf keinen Fall." Gerade die bildungsfernen | |
Schichten könnten das Nachsehen haben. Dennoch hält sie die steigende | |
Nachfrage nach Privatschulen für nachvollziehbar. "Das sollte den Senat | |
anspornen, mehr in staatliche Schulen zu investieren." | |
15 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Privatschulen bekommen mehr Geld: Grundsätzlich ungerecht | |
Freie Schulen in Berlin sollen öffentlich geförderte Schulplätze bauen | |
dürfen, wenn sie auf die soziale Mischung der Schülerschaft achten. | |
Liberale Schulpolitik: "Keine Frage des Geldbeutels" | |
Der Staat soll private und staatliche Schulen finanziell gleichstellen, | |
fordert Mieke Senftleben von der FDP. Schulgutscheine sollen dafür sorgen, | |
dass arme Familien sich Privatschulen leisten können. |