# taz.de -- Liberale Schulpolitik: "Keine Frage des Geldbeutels" | |
> Der Staat soll private und staatliche Schulen finanziell gleichstellen, | |
> fordert Mieke Senftleben von der FDP. Schulgutscheine sollen dafür | |
> sorgen, dass arme Familien sich Privatschulen leisten können. | |
taz: Frau Senftleben, sind freie Schulen die besseren Schulen? | |
Mieke Senftleben: Momentan stimmen die Eltern offensichtlich mit den Füßen | |
ab. Auf einen Platz an einer Schule in freier Trägerschaft kommen im | |
Durchschnitt drei Bewerber. Das zeigt, dass Eltern mit der staatlich | |
organisierten Bildung höchst unzufrieden sind und freie Träger Bildung | |
offenbar zufriedenstellender organisieren. | |
Sie wollen die Privatschulen noch stärker aufwerten: Der Staat soll sie | |
finanziell genauso behandeln wie seine eigenen Schulen. Mit welchem Ziel? | |
Die Wahlfreiheit zwischen staatlichen und freien Schulen darf keine Frage | |
des Geldbeutels sein: Wir wollen, dass alle Familien diese Auswahl haben. | |
Deshalb wollen wir alle Schulen in die Freiheit entlassen, damit die | |
staatlichen Schulen besser und konkurrenzfähig werden. Die bestehende | |
Situation ist ja auch für diese Schulen unbefriedigend, sie werden | |
gegängelt, es gibt viel Bürokratie. Wir wollen eine vielfältige | |
Bildungslandschaft mit vielen verschiedenen Konzepten. Wenn freie und | |
staatliche Schulen finanziell gleichgestellt werden, entsteht Wettbewerb. | |
Der kommt auch den staatlichen Schulen zugute. Analog hat es ja auch im | |
Kita-Bereich funktioniert. Die Übertragung der öffentlichen Kitas an freie | |
Träger hatte einen positiven Wettbewerbseffekt. Die Ängste, gerade auch der | |
Linken, haben sich nicht bewahrheitet. | |
Schulgeld für freie Schulen wäre dann passé? | |
Die Träger sollen sich entscheiden können, ob sie sich wie momentan auch | |
durch Schulgeld finanzieren oder über einen Schulgutschein. Den würde die | |
Verwaltung den Eltern aushändigen, die sich damit eine passende Schule | |
aussuchen. Diese Schule würde ihre Kosten zu 100 Prozent vom Staat | |
erstattet bekommen und auf zusätzliches Schulgeld von den Eltern | |
verzichten. | |
Warum sollen Träger das machen, wo sie jetzt schon so viele Bewerber haben? | |
Viele Träger reizt es, diesen Weg zu gehen. Durch den Verzicht auf | |
Schulgeld wären sie auch für sozial schlechter gestellte Menschen attraktiv | |
und könnten ihre Konzeptionen in sozialen Brennpunkten verwirklichen. | |
Kritiker befürchten, bildungsbewusste Eltern würden ihre Kinder auf die | |
Schulen mit dem besten Ruf schicken, während sich die Gettobildung in | |
sozial problematischen Stadtteilen verschärfen würde. | |
Diese Gefahr sehe ich nicht. Denn eins ist klar: Der Schulgutschein muss | |
differenziert ausgestellt werden. Schulen, an denen Kinder mit höherem | |
Förderbedarf lernen, müssen wir finanziell besser ausstatten. Sonst ist es | |
für freie Träger nicht attraktiv, sich in einem sozial schwierigen Kiez | |
niederzulassen. | |
Dennoch: Das Gutschein-Modell ist prima für bildungsinteressierte Eltern. | |
Verlierer wären die Kinder von bildungsfernen Familien. | |
Mit einem exzellenten Beratungssystem profitieren auch bildungsferne | |
Familien von der größeren Auswahl. Die Schulverwaltung könnte Eltern in den | |
Kitas beraten. | |
Wie teuer wäre das Gutschein-Modell? | |
Wahrscheinlich wird es etwas teurer, denn die Schulen brauchen ja mehr | |
Platz und Kapazitäten. Aber langfristig ist gute Bildung unterm Strich | |
immer günstiger als schlechte. | |
Welche Rolle außer der des Geldgebers spielt der Staat dann eigentlich | |
noch? | |
Eine wichtige. Der Staat legt die Lernziele fest, und er wacht über deren | |
Einhaltung. | |
Angenommen in zwei Jahren gäbe es eine schwarz-gelb-grüne Regierung: Welche | |
Chancen auf Verwirklichung hätte das Gutscheinprojekt? | |
Im Augenblick diskutieren wir noch sehr viel. Aber es gibt auch bei den | |
Grünen viele Verfechter von Schulgutscheinen. | |
15 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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