# taz.de -- Deutschland sorgt für Ausnahmen: Kein totales Verbot von Streubomb… | |
> Deutschland und andere Nato-Staaten setzen beim künftigen | |
> Streubombenverbot Ausnahmen für angeblich ungefährliche Munitionstypen | |
> durch. | |
Bild: Im Inneren dieser Rakete vom Typ M26 der Nammo Buck GmbH im brandenburgis… | |
Ein von der großen Mehrheit der 192 UNO-Staaten angestrebtes vollständiges | |
Verbot von Streubombenmunition wird es nicht geben. Der Text für ein | |
künftiges Abkommen, der gestern Abend zum Abschluss der | |
Streubombenkonferenz in Dublin verabschiedet werden sollte, enthält eine | |
Reihe von Ausnahmen für solche Munitionstypen, die aufgrund ihrer | |
Einsatzbestimmung oder technischen Spezifikationen angeblich keine Gefahr | |
für Zivilisten darstellen. Durchgesetzt wurden diese Ausnahmen von acht | |
Nato-Staaten unter Führung Deutschlands und fünf weiteren Ländern. | |
Gemeinsam mit den USA sorgten Deutschland und andere europäische | |
Nato-Verbündete in Dublin auch dafür, dass das Abkommen seinen | |
Unterzeichnerstaaten Militäroperationen mit Nichtvertragsstaaten erlaubt, | |
die dabei Streubomben einsetzen. | |
Diese Bestimmung ist die größte Enttäuschung für medico international, | |
Handicap International und andere Nichtregierungsorganisationen (NRO),die | |
sich im Rahmen einer internationalen Koalition für ein umfassendes Verbot | |
engagiert hatten. Bis zuletzt bemühten sie sich gestern noch um die | |
Streichung des Vertragsartikels, wonach das Verbot, Streubombenmunition | |
einzusetzen, auf dem eigenen Territorium zu lagern oder den Einsatz durch | |
andere Staaten zu unterstützen, bei solch gemeinsamen Militäroperationen | |
(zum Beispiel innerhalb der Nato mit den USA) selbst für die | |
Vertragsstaaten ausgesetzt werden kann. | |
Kritisch bewertete Thomas Küchenmeister, Sprecher des Aktionsbündnisses | |
Landminen, gegenüber der taz auch die vorgesehenen Verbotsausnahmen. Zum | |
einen soll Streumunition erlaubt bleiben, die "ausschließlich für | |
Luftverteidigungszwecke entwickelt wurde". Nicht unter das Verbot fällt | |
zudem Streubombenmunition, die zur "Vermeidung" von Risiken für die | |
Zivilbevölkerung alle folgenden fünf technischen Bedingungen erfüllen muss: | |
Die Munition darf maximal zehn Submunitionen mit einem Gewicht von jeweils | |
mindestens vier Kilo enthalten, die nicht wahllos verschossen, sondern nur | |
gegen vorbestimmte Einzelziele eingesetzt werden können. Zudem muss die | |
Munition mit einem Selbstzerstörungsmechanismus und einer | |
Deaktivierungsvorrichtung ausgerüstet sein. Diese Bedingung erfüllt - | |
zumindest nach Herstellerangaben - die Smart-155-Artilleriemunition in den | |
Beständen der Bundeswehr. | |
Alle anderen Munitionstypen fallen unter das Verbot - darunter auch die M85 | |
und M73, mit denen u. a. die Bundeswehr und die britischen Streitkräfte | |
ausgerüstet sind. Die Regierungen in Berlin und London hatten zunächst | |
Ausnahmen auch für diese Typen verlangt, weil sie wegen einer | |
Blindgängerquote von angeblich unter 1 Prozent ungefährlich für Zivilisten | |
seien. | |
Ein Erfolg ist für Küchenmeister, dass das Verbot sofort gilt, sobald das | |
Abkommen nach der Ratifikation durch mindestens 30 Staaten in Kraft tritt. | |
Innerhalb von acht Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens müssen die | |
verbotenen Munitionstypen zerstört werden - und damit 95 Prozent der | |
derzeitigen Bestände der Bundeswehr. | |
Handicap International ist es gelungen, in dem Abkommen weitgehende | |
Verpflichtungen der Vertragsstaaten zu medizinischen, psychologischen, | |
wirtschaftlichen und sozialen Hilfen für die Opfer von Streubombenmunition | |
auf ihrem Territorium sowie deren Angehörige durchzusetzen. Derartige | |
Bestimmungen zur Unterstützung von Opfern gab es bislang in keinem | |
internationalen Abkommen. | |
29 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
Andreas Zumach | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
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