# taz.de -- Mediaspree: Investoren schrecken sich selbst | |
> Für viele Investoren könnte der Bürgerentscheid zu Mediaspree auch eine | |
> Chance sein. Dass bislang nicht gebaut wurde, ist schließlich auch das | |
> Ergebnis hohen Leerstands und fehlender Nachfrage. | |
Bild: Viel Platz für viel Leerstand: Neubauentwürfe am Spreeufer | |
Aller öffentlich geäußerten Wählerschelte der Immobilienbranche zum Trotz: | |
Es könnte sein, dass der Bürgerentscheid gegen Mediaspree manchen | |
Investoren gerade recht kam. Für viele der betroffenen Grundstücke am | |
Spreeufer gibt es seit Jahren ein Baurecht, und trotzdem tut sich nichts. | |
Der basisdemokratische Bürgerwille könnte jetzt einigen der Investoren eine | |
willkommene Rückzugsmöglichkeit von mittelfristig wenig profitablen | |
Projekten eröffnen. | |
Betroffen sind davon nach Meinung von Beobachtern unter anderem die bisher | |
unrealisierten Neuen Spreespeicher der IVG Immobilien AG an der | |
Cuvrystraße, die geplanten dreiteiligen Bürolofts auf dem Gelände der | |
Strandbar Yaam, die jüngst von einem spanischen Konsortium gekauft wurden, | |
sowie die von Jürgen Kilian geplanten Bürolofts auf dem Gelände des Maria | |
am Stralauer Platz. | |
Auch der Pressesprecher der Firma Anschutz, Moritz Hillebrand kann noch | |
nicht sagen, wann eine Bebauung der an die O2 World angrenzenden Flächen | |
von seiner Firma vorgesehen ist. "Wir haben keine fertigen Planungen, | |
sondern müssen erst einmal den Bedarf abschätzen," sagt Hillebrand. Aus | |
diesem Grund habe man einen festgesetzten Bebauungsplan, der 15 Jahre | |
gültig ist. | |
Hinter vorgehaltener Hand äußern Branchenexperten die Ansicht, dass der | |
Markt den Neubau von Büros am Standort Mediaspree zurzeit nicht hergebe. | |
Der Leerstandsdruck in Berlin führe dazu, dass die Baukosten für neue | |
Bürogebäude über die Vermietung nicht finanziert werden könnten. Auch der | |
Volkswirt Ludger Baba vom unabhängigen Institut Empirica meint, dass vor | |
allem das übergroße Angebot an Büroflächen der Grund für diesen Druck sei. | |
"Wenn ich nicht nach Mediaspree gehe, habe ich zahlreiche andere Flächen | |
zur Auswahl." In München wäre ein Standort wie Mediaspree längst bebaut, so | |
Baba weiter. Zusätzlich werde in Berlin erst ab einer Vorvermietungsquote | |
von 60 bis 70 Prozent gebaut, was den spekulativen Neubau von | |
Leerstandsobjekten verhindere. | |
Auch der grüne Bezirksbürgermeister Franz Schulz stellt fest: "Der Markt | |
für Bürodienstleistungen und gewerbliche Nutzung ist bekanntermaßen | |
schwierig." Eine Marktchance hätten nur die Investitionen in besseren | |
Lagen, zum Beispiel am Osthafen, wo sich weitere Mode- und Musikfirmen | |
ansiedeln möchten. Bei anderen Grundstücken, wie an der Mühlenstraße, gebe | |
es in den letzten Jahren daher durchaus ein Interesse, in den Bau von | |
Wohnungen zu investieren. | |
Weniger pessimistisch ist die grüne Stadtentwicklungsexpertin Claudia | |
Hämmerling: "Im Grunde ist die Situation die: in der Hocke vor dem Sprung", | |
sagt sie. Gerade die Wasserlagen haben in den vergangenen Jahren durchaus | |
Investoren angelockt. Allerdings sei die Bebauung des Spreeufers keine | |
Sache der nächsten fünf Jahre, gibt auch Hämmerling zu. "Aber in 15 bis 20 | |
Jahre könnte da etwas Neues entstanden sein." | |
Langfristig sieht auch Volkswirt Baba bessere Aussichten für die | |
Immobilienbranche in Berlin. Viel hängt dabei seiner Ansicht nach von der | |
Krise am US-Immobilienmarkt ab. Gleichwohl spricht sich die Grüne | |
Hämmerling für eine Suche nach einem Kompromiss aus. "Es kann nicht sein, | |
dass da immer die immer gleiche Architektur entsteht", sagt sie. | |
16 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
T. Below | |
K. Pezzei | |
U. Rada | |
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