| # taz.de -- Rechte entdeckten die Natur für sich: Brauner Ansturm ins Grüne | |
| > NPD und Freie Kameradschaften setzen immer mehr auf Öko-Themen. Eine | |
| > Hochglanzzeitung verbreitet dazu die rechte Sicht der Dinge. | |
| Bild: Die NPD versteht sich als "einzige ernsthafte Ökopartei". | |
| "Gen-Kartoffeln auf dem Acker" und "Die Ergebnisse der | |
| Bali-Klimakonferenz": Die Umwelt & Aktiv schreibt über aktuelle Ökothemen | |
| zwischen gesunder Ernährung und artgerechter Tierhaltung. "Wir leben auch | |
| sehr umweltbewusst", sagt Claudia Laimer, Autorin der Zeitschrift, und | |
| versichert: "parteipolitische Interessen gibt es nicht". Sie betont das | |
| nicht ohne Grund. Denn die Umwelt & Aktiv steht der rechtsextremen Szene | |
| nahe. Und die Blut-und-Boden-Ökos wollen gerne unerkannt Einfluss auf die | |
| Umweltbewegung nehmen. | |
| Deswegen wird Laimer auch recht still, wenn sie zum Trägerverein der | |
| Publikation gefragt wird, dem "Midgard e. V." Der Vereinsvorsitzende und | |
| Herausgeber, Christoph Hofer ist niederbayrischer NPD-Bezirksvorsitzender | |
| und -Kreisvorsitzender in Rottal-Inn. Robert Andreasch, Journalist und | |
| Rechtsextremismusexperte für Bayern, kennt ihn. Vor Jahren sei Hofer | |
| Mitbegründer des neonazistischen "Freizeitvereins Südbayern e. V.", der | |
| Rechtsrockkonzerte ausrichtete, erzählt Andreasch. Dem Vereinsregister ist | |
| zu entnehmen, dass Lainers Ehemann, Hans-Günter, Schatzmeister bei | |
| "Midgard" ist. 2003 kandidierte der für die NPD bei der Bezirkswahl in | |
| Passau-Land. | |
| In der Satzung des Vereins bekunden die beiden Neonazis, auf "bestehende | |
| Umweltorganisationen" Einfluss nehmen zu wollen. Und dafür gründeten sie | |
| unter anderem eine Zeitschrift. Vor einem Jahr erschien die erste Nummer. | |
| Die Seitenstärke wuchs auf 36 Seiten an. "Wir konnten mehr Menschen | |
| erreichen, als wir erhofft hatten", sagt Hofer. Über die Auflage der | |
| Zeitung aus dem bayrischen Traunstein ist weder von ihm noch von Autoren | |
| etwas zu erfahren. Aber die Strahlkraft der Zeitschrift reicht über die | |
| rechtsextreme Szene hinaus. Einige Autoren haben keine Verbindungen zu | |
| Neonazis und wirken in unverdächtigen Anti-Gentechnik-Initiativen mit oder | |
| betreiben ganz normale Ökoläden. | |
| "Umweltschutz ist in den vergangen Jahren mehr und mehr Thema bei der NPD | |
| und den Kameradschaften geworden", sagt Christian Dornbusch, der seit | |
| Jahren zu rechtsextremer Subkultur forscht. "Die NPD versteht sich selbst | |
| als einzige ernsthafte Ökopartei." Natürlich nicht ohne ihre | |
| fremdenfeindliche Agenda mit grünen Anliegen zu paaren. Wo deutsche Natur | |
| geschädigt werde, sehe die Partei immer gleich eine "Bedrohung der Substanz | |
| des eigenen Volkes", sagt Dornbusch. "Nicht nur im Wahlkampf wie gerade in | |
| Bayern setzen sie sich gegen Gen-Food ein." Regelmäßig warnte auch die | |
| NPD-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern vor "Genfraß". | |
| Rüdiger Rosenthal, Pressesprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz, | |
| bestätigt diese Einschätzung: "Wir beobachten, dass Rechtsextreme sich | |
| verstärkt den Umweltthemen zuwenden." In bestimmten Regionen brächten sie | |
| sich auch vor Ort in die Umweltbewegungen ein. "Gentechnisch verändertes | |
| Saatgut thematisieren sie zunehmend", sagt Rosenthal. Auch Greenpeace | |
| beobachtet den Ansturm der Braunen ins Grüne mit Sorge. | |
| Dazu trägt auch bei, dass so manche These der Müslis vom rechten Rand auch | |
| in linken Kreisen Anschluss finden könnte: Auf der farbigen | |
| Hochglanzausgabe Nummer 1 2008 von Umwelt & Aktiv starrt das bekannte | |
| Gesicht von "Uncle Sam". Das Gesicht besteht zur Hälfte aus Schädelknochen, | |
| das Hemd ist blutverschmiert, in der Jacketttasche steckt genmanipulierter | |
| Mais. "Amerika weltweit?", titelte die Zeitschrift. Die Covermessage der | |
| aktuellen Ausgabe verdichtet Autor F.L. im Text: Für ihn sind die | |
| Patentierung von Saatgut und die Ausbreitung von Genmais weitere Methoden | |
| der USA, ihre Macht zu sichern. Das glauben auch im linken Lager viele. | |
| Deutlich rechtsextrem werden die Neonazi-Umweltfreaks nur selten. Im | |
| Editorial der allerersten Ausgabe Umwelt und Aktiv im Jahr 2007 schrieb | |
| Herausgeber Hofer einmal, für welchen Geist seine Zeitschrift tatsächlich | |
| steht: "Wir werden nicht länger jenen Menschen das Thema Umwelt- und | |
| Naturschutz überlassen, denen gar nichts an der Heimat liegt." Denn: | |
| "Umweltschutz ist nicht grün". | |
| 18 Jul 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
| Andreas Speit | |
| ## TAGS | |
| Umweltschutz | |
| Rechtsextremismus | |
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