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# taz.de -- Ehepaar klagt gegen "Streetview": Googles Foto-Orgie
> Der Streit um Googles "Streetview" artet aus: Die fotografierten Straßen
> fördern Kriminalität, meinen Bürgerrechtler. Umfassenden Schutz der
> Privatsphäre gibt es eh nicht, erwidert Google.
Bild: Und es geht noch viel näher....
Auch in Berlin, München und Frankfurt sind die schwarzen Autos mit den
Kameraaufbauten unterwegs: Der Internet-Konzern Google lässt jede Straße
und jedes Haus fotografieren, um die Bilder dann in seinen Internet-Dienst
"Streetview" einzustellen, mit dem jeder Nutzer im dreidimensionalen Raum
eine virtuelle Stadtrundfahrt durchführen kann.
Google will unter anderem mit lokaler Werbung Geld verdienen. Der
Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht den Dienst allerdings
äußerst kritisch: Er sorge dafür, dass die persönlichen Lebensumstände
"noch intensiver ausgeleuchtet" würden, locke gar Kriminelle an und
gefährde sensible Einrichtungen wie Frauenhäuser.
In den USA wollte das Ehepaar Aaron und Christine Boring aus Pittsburgh
Googles Fotoorgie nun nicht weiter dulden und klagte gegen die Ablichtung
ihres Anwesens bei "Streetview": Der Internet-Konzern sei mit seinem
Fahrzeug in eine Privatstraße vorgedrungen und habe ihre Privatsphäre
verletzt. Insgesamt 25.000 Dollar Schmerzensgeld wollen die Borings dafür
haben. Google reagierte, in dem die entsprechenden Bilder aus der Datenbank
genommen wurden, was auch dem zuständigen Gericht gemeldet wurde.
Die restliche Verteidigungsstrategie machte nun das investigative
Online-Magazin The Smoking Gun publik: Googles Anwälte argumentieren in
einer Klageerwiderung, dass es heutzutage doch "gar keinen umfassenden
Schutz der Privatsphäre" mehr gebe. "Aufgrund der heute verfügbaren
Satellitentechnologie existiert selbst in der Wüste keine Privatheit mehr."
Außerdem gebe es vor dem Boringschen Anwesen kein "Draußenbleiben"-Schild,
kein Tor und auch keinen Wachhund. "Auch Nachbarn, die in der Straße drehen
oder der Mann vom Paketdienst können das Äußere des Hauses problemlos
sehen." Es befinde sich darüber hinaus nicht in einem Gebiet, das
Satelliten "und niedrig fliegende Flugzeuge" nicht aufnehmen könnten.
Zudem hätten die Borings nicht die bei "Streetview" enthaltene Funktion
verwendet, die Löschung von Bildern anzufordern. "Stattdessen wurde sofort
geklagt." Auch hätte die Klage nun die gegenteilige Auswirkung, dass erst
jetzt die Bilder des Hauses einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht
worden seien.
In Foren und Blogs wurde der "Streetview"-Prozess recht unterschiedlich
kommentiert. Argumentierte die eine Seite mit Google und dessen Mission,
"alle Informationen der Erde" an einem Platz versammeln zu wollen, hieß es
von Kritikern, erst die Suchmaschine habe mit Diensten wie "Streetview"
oder dem Satellitenangebot "Google Earth" dafür gesorgt, dass dieser letzte
Rest der Privatsphäre des eigenen Hauses verschwinde.
Die US-Bürgerrechtsorganisation National Legal and Policy Center (NLPC)
reagierte mit Empörung auf die Argumentation der Google-Anwälte. Diese
widerspreche den Aussagen der Firma gegenüber Regierung und Kunden, das
Unternehmen nehme den Datenschutz "sehr ernst". Zum Beweis, welche
Möglichkeiten "Streetview" und andere Google-Dienste Kriminellen potenziell
böten, legte das NLPC dann auch noch ein Extrembeispiel vor.
Die Bürgerrechtler zeigten den Wohnsitz eines ungenannten Google-Managers
im kalifornischen Palo Alto sowie diverse andere Details, die sich aus den
Datenbanken des Internet-Konzerns herauslesen ließen. Darunter waren unter
anderem Autokennzeichen, die Marke des verwendeten Alarmsystems, die von
dem Manager beauftragte Gartenbaufirma sowie Kreuzungen, die er auf seinem
täglichen Weg in die Firma nehmen muss. Vorstellbar wäre aus diesen
Informationen etwa, die Person anzugreifen oder zu entführen, hieß es von
der NLPC. "Vielleicht existiert ja in Googles Welt keine Privatsphäre, doch
in der realen Welt ist sie ein enorm wichtiges Recht, das von Firmen wie
Google Schritt für Schritt untergraben wird. Diese Heuchelei ist
atemberaubend", sagt NREL-Vorsitztender Ken Boehm.
Die "Streetview"-Bilder von Berlin, München und Frankfurt sind derzeit noch
nicht online. Wann die deutschen Städte im Netz beobachtet werden können,
gab Google noch nicht bekannt. Das Unternehmen versicherte aber, man werde
in den Bildern vorhandene Gesichter und Autokennzeichen unkenntlich machen.
1 Aug 2008
## AUTOREN
Ben Schwan
## TAGS
Google
Schwerpunkt Überwachung
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