# taz.de -- Konflikt ums Sorgerecht ohne Trauschein: Grüne streiten für Väte… | |
> 10 Jahre neues Kindschaftsrecht: Väter ohne Trauschein haben im Fall | |
> einer Trennung oft keine Chance, das Sorgerecht zu erhalten, klagen | |
> Väterrechtsvereine. Die Grünen wollen das ändern. | |
Bild: Das kann der Papa genauso gut! | |
"Der Originalton der Mutter war: Warum sollte ich meine Macht aus der Hand | |
geben?", beschreibt ein Vater, warum seine Ex-Partnerin kein gemeinsames | |
Sorgerecht für ihr Kind wollte. Andere Väter erzählen, das Jugendamt habe | |
der Freundin abgeraten, eine gemeinsame Sorgeerklärung zu unterschreiben. | |
So steht es in einer aktuellen Umfrage des Vereins "Väteraufbruch für | |
Kinder". Die Argumentation der Väterlobby mag oft polemisch sein, sie | |
spricht aber ein reales Problem an: Bei unverheirateten Paaren hat im Fall | |
einer Trennung der Vater keinen Anspruch auf das Sorgerecht für sein Kind. | |
Auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) bezeichnete diese Woche | |
auf einer Konferenz in ihrem Ministerium das Sorgerecht bei | |
Nichtverheirateten als "Baustelle" des Kindschaftsrechts, das vor zehn | |
Jahren zum letzten Mal grundlegend reformiert wurde. Trotzdem scheuen SPD, | |
Union und FDP vor neuen Veränderungen zurück. Nur die Grünen haben im | |
Bundestag einen Antrag eingebracht. "Im Einzelfall muss es möglich sein, | |
ein 'Nein' der Mutter zum gemeinsamen Sorgerecht gerichtlich prüfen zu | |
lassen", sagte Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der Grünenfraktion | |
im Bundestag. Auch die Frauenpolitikerinnen der Grünen, etwa die | |
parlamentarische Geschäftsführerin Irmingard Schewe-Gerigk, unterschrieben | |
den Antrag. | |
Die derzeitige Rechtslage, die seit 1998 gilt, sieht vor: Bei Eheleuten | |
erhalten Vater und Mutter bei einer Scheidung automatisch das gemeinsame | |
Sorgerecht für Ihre Kinder. Für Unverheiratete gilt das nicht. Wenn die | |
Frau nicht freiwillig mit dem Vater eine Erklärung über das gemeinsame | |
Sorgerecht unterschreibt, liegt die Verantwortung für das Kind allein bei | |
ihr. | |
Der Antrag der Grünen, der schon im Mai im Bundestag vorgelegt wurde, sieht | |
deswegen vor, dass ein Vater bei einer Trennung von seiner Freundin im | |
Einzelfall das Sorgerecht einklagen kann. Zunächst sind beratende Gespräche | |
zwischen Vater und Mutter vorgesehen, die eine Einigung außergerichtlich | |
ermöglichen sollen. Erst wenn diese scheitern, kann der Vater ein Gericht | |
einschalten. | |
Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Joachim Stünker, ist | |
"persönlich reserviert" gegenüber einer Reform. Zwar müsse es auch bei | |
Nicht-Verheirateten eine Regelung geben, die eine gemeinsame Verantwortung | |
für die Kinder möglich mache. "Aber es darf keine gesetzliche Automatik | |
geben, die in Konfliktsituationen eintritt." | |
Auch die CDU-Expertin Ute Granold hält das Thema für "diskussionswürdig". | |
Doch sie fordert, mehr Statistiken über gemeinsame Sorgeerklärungen bei | |
Nicht-Verheirateten zu erheben. Die Union sei dem Thema gegenüber "nicht | |
verschlossen, aber auch nicht ganz offen". | |
Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) | |
bemängelte ein "hohes Aggressionspotential" auf Seiten der Vätervereine. | |
Sie sei "extrem reserviert" gegenüber einer Gesetzesreform und fürchte | |
"eine Flut von Rechtsstreitigkeiten". | |
Der Verband der Alleinerziehenden Mütter und Väter lehnt jegliche Änderung | |
ab. "Am bestehenden Gesetz sollte nichts geändert werden", sagte Peggi | |
Liebisch, die Geschäftsführerin des Verbands. In der Realität müsse meist | |
die Mutter den Alltag regeln. "Viele Väter versuchen in den Alltag | |
hineinzuregieren, obwohl sie nicht im gleichen Haushalt leben." Das Problem | |
seien vielmehr Väter, die sich nicht kümmern wollen. | |
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2003 die Brisanz des Themas | |
erkannt. Es verpflichtete den Gesetzgeber, die Praxis der gemeinsamen | |
Sorgeerklärungen bei Unverheirateten zu beobachten - und zu prüfen, ob das | |
Kindeswohl tatsächlich im Mittelpunkt steht. Im Jahr 2007 wurden rund | |
211.000 Kinder geboren, deren Eltern nicht verheiratet sind. Davon haben 49 | |
Prozent der Eltern eine Sorgeerklärung beim Jugendamt unterschrieben, so | |
das Statistische Bundesamt. Die Motive der Eltern, die eine gemeinsame | |
Sorge ablehnen, sind bisher kaum untersucht. Anfang 2009 soll dazu eine | |
Studie starten. | |
6 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Nicole Janz | |
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