# taz.de -- Gutachten zum Nutzen der Polizeikennzeichnung: Zwölf kennzeichnend… | |
> Ein Jura-Professor der FU hat 143 Verfahren gegen Berliner Polizisten | |
> untersucht. Sein Ergebnis: In zwölf Fällen hätte eine individuelle | |
> Kennzeichnung der Beamten die Arbeit der Ermittler erleichtert. | |
Bild: Wer sich darunter wohl verbirgt? Polizist im Einsatz. | |
Jahrelang wollte Polizeipräsident Dieter Glietsch einen Beweis, jetzt hat | |
er gleich ein Dutzend. Eine individuelle Kennzeichnung von Berliner | |
Polizisten hätte mindestens zwölf Ermittlungsverfahren gegen Beamte | |
erleichtert. Darunter auch Fälle mit Verletzten oder die Beleidigung eines | |
Anwalts (siehe Kästen). Zu diesem Schluss kommt der FU-Professor Klaus | |
Rogall, der 143 Fälle aus den Jahren 2006 und 2007 überprüft hat. | |
Polizeikritiker fordern seit Jahren eine individuelle Kennzeichnung. | |
Derzeit tragen je zehn Polizisten einer Einsatzhundertschaft die gleiche | |
Rückennummer. Glietsch selbst hatte Anfang 2008 die Untersuchung in Auftrag | |
gegeben. Er hatte stets angegeben, keinen Fall zu kennen, bei dem die | |
Aufklärung am Fehlen der Kennzeichnung gescheitert sei. Vergangene Woche | |
hatte der Polizeipräsident im Gespräch mit der taz aus dem Schlussabsatz | |
des Gutachtens zitiert. Darin kommt Rogall zu dem Fazit, dass "eine | |
individuelle Kennzeichnung die Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsorgane | |
nicht wesentlich erleichtern würde". Zwar wünscht Glietsch dennoch, dass | |
alle Polizisten künftig ihren Namen an der Uniform tragen, dies solle aber | |
weniger der Straftatermittlung dienen als vielmehr die Bürgernähe seiner | |
Truppe fördern. Zudem lehnt er eine Kennzeichnung gegen den Willen der | |
Personalvertreter ab. Die Gewerkschaft der Polizei hatte Glietschs | |
Vorschlag bereits vehement zurückgewiesen. | |
In dem nun der taz vorliegenden Gutachten begründet der Juraprofessor Klaus | |
Rogall sein Fazit vor allem mit der Annahme, dass die Zahl der | |
unberechtigten Anzeigen zunehme. Viele Betroffene wüssten nicht, dass beim | |
Polizeivollzug Körperverletzungen gerechtfertigt sein können. Das bestätigt | |
eine Vielzahl der von Rogall untersuchten Verfahren. Sie beruhen auf | |
Anzeigen von Betrunkenen oder Demonstranten, die offenbar jedes | |
gewalttätige Vorgehen der Polizei für strafbar halten. Hier kommt der | |
Jurist zu dem Schluss, dass eine Kennzeichnung schon deshalb nicht | |
weitergeholfen hätte, weil gar keine Straftat vorlag oder weil Beamten ein | |
"Erlaubnistatbestandsirrtum" zugestanden werden müsse. Danach blieben etwa | |
Polizisten, die einen taz-Mitarbeiter blutig schlugen, straffrei, weil sie | |
angeblich annahmen, dass der Journalist eine festgenommene Demonstrantin | |
nicht fotografieren, sondern befreien wollte. | |
Insgesamt sortiert Rogall 111 Fälle aus, darunter Beschwerden über | |
Pfeffersprayeinsätze, mit dem Argument, dass die Geschädigten aufgrund des | |
Sprays in ihren Augen ein Kennzeichen ohnehin nicht hätten wahrnehmen | |
können. Ähnlich argumentiert Rogall bei unübersichtlichen Lagen vor Ort. | |
Dennoch blieben zwölf Fälle übrig, bei denen trotz "schlüssiger | |
Strafanzeige" kein verdächtiger Beamter ermittelt werden konnte. Bei zehn | |
weiteren lasse sich nicht feststellen, ob die Kennzeichnung für die | |
Ermittler hilfreich gewesen wäre. | |
12 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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