# taz.de -- U-Bahn-Bau: Unten buddeln, oben fällen | |
> Seit Mittwoch laufen Vorarbeiten für die U-Bahn vom Alexanderplatz zum | |
> Brandenburger Tor. Dazu wurden am Marx-Engels-Forum 50 Bäume gefällt. | |
> Archäologen suchen nach Spuren aus dem Mittelalter. | |
Bild: Im Winter war's zwar kalt für Marx und Engels, aber immer noch besser al… | |
Kaum hat Klaus Wowereit die Flächen vor dem Roten Rathaus als Bauland | |
erkannt, schon werden dort massenhaft Bäume gefällt. Die rund 50 Bäume, die | |
am Mittwoch auf dem Marx-Engels-Forum und am Neptunbrunnen der Säge zum | |
Opfer fielen, sollen jedoch nicht Platz für Neubauten schaffen, sondern für | |
Archäologen. Denn bevor ab 2010 die U-Bahn-Linie 5 vom Alexanderplatz | |
Richtung Brandenburger Tor verlängert wird, will das Landesdenkmalamt | |
prüfen, welche historischen Hinterlassenschaften sich unter Berlins Mitte | |
verbergen. | |
Die Verlängerung der U 5 ist lange geplant. Bereits seit 1930 gibt es einen | |
Tunnel vom Alexanderplatz zum Roten Rathaus. Er sollte ursprünglich eine | |
Linie weiter über den Potsdamer Platz gen West-City führen. Wegen der | |
damaligen Wirtschaftskrise wurde er aber nie fertiggestellt. Nun kommt der | |
Tunnelstummel als Teil der U 5 zu neuen Ehren. Zunächst wird direkt vor dem | |
Roten Rathaus ein U-Bahnhof gebaut. Im Optimalfall sollen ab 2017 Züge | |
unter dem Boulevard Unter den Linden entlang zum Brandenburger Tor fahren, | |
erklärt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Dort trifft die Linie auf die 1,8 | |
Kilometer lange "Kanzler-U-Bahn", die ab 8. August als U 55 zwischen | |
Brandenburger Tor und Hauptbahnhof pendelt. | |
Vor den U-Bahn-Passagieren kommen jedoch die Archäologen des | |
Landesdenkmalamtes zum Zuge. "Dort war die Mitte des mittelalterlichen | |
Berlins", erklärt Grabungsleiter Michael Hofmann. Bis zu drei Meter tief | |
werde gebuddelt, um in Sichtweite des Roten Rathauses Reste von Kellern, | |
Brunnen und Abfallgruben aus den vergangenen 800 Jahren zu finden - und | |
eine Antwort auf die Frage, wann die Stadt tatsächlich gegründet wurde. | |
Bisher gilt 1237 als das offizielle Datum. Damals wurde Berlins | |
Schwesterstadt Cölln, die auf der Spreeinsel lag, erstmals urkundlich | |
erwähnt. Der Grabungsleiter hofft, durch die Funde belegen zu können, dass | |
das Gebiet bereits 50 bis 60 Jahre früher besiedelt war. 18 Monate lang | |
dürfen zwei Teams interessante Spuren von Berlins Frühgeschichte bergen. | |
Danach sei das Areal "archäologisch fundfrei". | |
Zunächst werden jedoch die jüngsten Spuren Berlins beseitigt. Neben den 50 | |
Bäumen muss auch das Marx-Engels-Denkmal weichen. Es soll im Sommer | |
auseinandergenommen und dann rund 80 Meter weiter nordwestlich wieder | |
aufgebaut werde, erklärt BVG-Sprecherin Reetz. Nach Abschluss des | |
U-Bahn-Baus werde die Grünanlage mitsamt den Urvätern des Kommunismus etwa | |
im Jahr 2016 am alten Platz wieder errichtet. Bis 2010 würden zudem 180 | |
Straßenbäume in Mitte gepflanzt. | |
Die Grabungen für den U-Bahn-Tunnel wird im Wesentlichen eine | |
Schildvortriebmaschine rund 15 Meter unter den Straßen und der Spree | |
hindurch erledigen. Nur an der Kreuzung zur Friedrichstraße ist eine offene | |
Baugrube notwendig. Dort ist ein Umsteigebahnhof zur U 6 geplant. Dafür | |
müsse neun Monate lang die Friedrichstraße gesperrt werden - für Autofahrer | |
und auch für die Züge der U 6. "Das wird der Hammer", sagt Reetz. | |
Allerdings bleibt noch bis zum Jahr 2013 Zeit, um Umleitungen | |
auszukundschaften. | |
22 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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