# taz.de -- Disput nach dem 1. Mai: Linkspartei streitet gewaltig | |
> Die Berliner Regierungspartei diskutiert über die Anmeldung der autonomen | |
> 1.-Mai-Demonstration in Kreuzberg durch einen ihrer Nachwuchspolitiker. | |
Bild: Zu wenig rot im schwarzen Block? Die Linkspartei ist zertstritten, weil e… | |
Jetzt führt auch die Berliner Linkspartei ihre Gewaltdebatte. Auslöser ist | |
die Anmeldung der Kreuzberger 18-Uhr-Demonstration am 1. Mai durch den | |
Linken-Jungpolitiker Kirill Jermak. Führende Politiker der Regierungspartei | |
verurteilten das Mitwirken des 21-Jährigen an dem Autonomen-Protest - | |
andere unterstützen ihn. | |
Jermak ist Mitglied der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung | |
(BVV) Lichtenberg. Die dortige Bezirkschefin Gesine Lötzsch bezeichnete | |
Jermaks Anmeldung der 1.-Mai-Demo als falsch. Dieser Schritt sei privat | |
erfolgt und war nicht mit der Partei abgesprochen. Die Demo passe auch | |
nicht zur Linkspartei, die sich jahrelang für einen gewaltfreien 1. Mai | |
engagiert habe. Dies werde man Jermak in Gesprächen deutlich machen, so | |
Lötzsch. "Ich fordere, dass er die Anmeldung nicht noch einmal übernimmt." | |
Lötzschs Stellvertreterin, Evrim Baba, kritisierte vor allem Jermaks | |
Äußerungen im Vorfeld der Demo als "fundamental falsch". Er hatte von einem | |
"faschistischen Korpsgeist" in Teilen der Polizei gesprochen. Dennoch müsse | |
es der Linkspartei laut Baba grundsätzlich möglich sein, radikalere Demos | |
anzumelden: "Unsere Partei hat da eine lange Tradition." Eine Prämisse sei | |
aber: gewaltfreie Proteste. | |
Unterstützung erhält Jermak von der parteiinternen Strömung der | |
"Antikapitalistischen Linken" (AKL). Nur deutliche Zeichen und massenhafte | |
Wut würden dazu führen, dass Probleme wahrgenommen würden, heißt es in | |
einer Solidaritätserklärung. "Auch radikale Formen von zivilem Ungehorsam | |
haben an bestimmten Stellen ihren Platz", so AKL-Sprecherin Judith Demba. | |
Man dürfe sich nicht in gute und böse Demonstranten spalten lassen. | |
Der Berliner Linken-Chef Klaus Lederer weist dies zurück. Die Linke stehe | |
für eine gewaltfreie Politik und keine Krawalldemos. Jermaks Aktion liege | |
voll neben dem, was die Partei vertrete. "Mit dieser Einstellung wird er in | |
der Linken keine Politik machen können", so Lederer. | |
Er habe die Anmeldung übernommen, um als unabhängiger Mittler zwischen | |
Polizei und Demonstranten zu fungieren, erklärte Jermak. Eine Eskalation | |
habe er zu verhindern versucht. "Ich denke auch nicht, dass Gewalt und die | |
Politik der Linkspartei zusammenpassen." | |
Die Linkspartei gerät auch von außen unter Druck. Die CDU attestierte ihr | |
eine fehlende Distanz zu autonomen Krawallmachern. Grünen-Landeschef Volker | |
Ratzmann forderte eine Diskussion innerhalb der Partei, welche Rolle sie am | |
1. Mai spielen wolle: "Da fehlt eine klare Linie." Die SPD appellierte an | |
die Verantwortung der Linkspartei, wen sie in ihre politischen Ämter | |
bringe. KONRAD LITSCHKO | |
5 May 2009 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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